Kretschmann stellt Stresstest infrage und ärgert SPD

Stuttgart (dpa) - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Stuttgart-21-Stresstest infrage gestellt und damit den Streit mit dem Koalitionspartner SPD wieder angeheizt. Der Grünen-Politiker brachte eine Wiederholung des zentralen Bestandteils des Stresstests ins Gespräch.

„Es ist unter Umständen eine zweite Simulation erforderlich“, sagte Kretschmann in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa einen Tag vor der Präsentation des ersten Stresstests an diesem Freitag. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel telefonierte daraufhin mit Kretschmann und teilte dann mit: „Die Regierung bleibt bei ihrer Bewertung, dass der Stresstest bestanden ist.“

Der Regierungschef hatte zuvor erklärt: „Wir haben gesagt, dass wir das Ergebnis in quantitativer Hinsicht akzeptieren. Das war jedenfalls der erste Blick. Der zweite Blick ist dann noch mal etwas genauer.“ Der erste Belastungstest habe erhebliche Mängel des geplanten Tiefbahnhofs und der Anschlüsse offenbart. Auch die Schweizer Verkehrsberatung sma sage in ihrem Gutachten, das bestimmte Dinge nicht erfüllt worden seien und eine zweite Simulation angezeigt sei. „Es geht um Nachbesserungen, etwa bei der Wendlinger Kurve.“

Entscheidend sei, dass das 4,1 Milliarden Euro teure Bahnprojekt nicht die verlangte Qualität erreiche, betonte Kretschmann: „Es heißt im Schlichterspruch, es müsse eine "gute Betriebsqualität" gewährleistet sein. Das ist nicht der Fall.“ Bei guter Betriebsqualität würden Verspätungen abgebaut. Die Bahn verwende nun völlig neue Begriffe. Auch Schlichter Heiner Geißler habe sich klar hinter diese Kritik gestellt, sagte Kretschmann.

Schmiedel betonte jedoch, es sei vereinbart, dass Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bei der Präsentation an diesem Freitag keinen zweiten Stresstest fordern werde. Der SPD-Politiker sagte aber auch, eine weitere Simulation nach Bereinigung der Unstimmigkeiten werde von der Koalition begrüßt. Einen solchen zweiten Durchlauf habe sma „zur Bekräftigung des Ergebnisses“ selbst vorgeschlagen. Schmiedel verwies darauf, dass die Bahn alle Eingaben vor der Computersimulation mit dem Verkehrsministerium abgesprochen habe.

Das sma-Gutachten habe ergeben, dass Stuttgart 21 eine „wirtschaftlich optimale Betriebsqualität“ erreicht, sagte Schmiedel. Die Forderung, der Tiefbahnhof müsse „Premium-Qualität“ haben, sei „absurd“: „Man will davon ablenken, dass der Stresstest wunderbar bestanden ist.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann hielt dagegen: „Das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt nicht.“

Zustimmung erhielt Schmiedel vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Rülke: „Die SPD zeigt, dass sie beim Projekt Stuttgart 21 regierungsfähig ist und rational handelt. Sie muss sich gegen die grünen Tagträumer durchsetzen.“