Krieg und Frieden museal

Dresden (dpa) - Der Marschbefehl ist erteilt, das „Feldlager“ nach siebenjähriger Bauzeit endlich beendet. Mit der Eröffnung ihres Militärhistorischen Museums in Dresden hat die Bundeswehr am Freitag eine ganz besondere Mission in Angriff genommen.

700 Jahre deutsche Militärgeschichte sollen dort auf neue Art und Weise erzählt werden - als Kulturgeschichte der Gewalt. Das ist ein geradezu revolutionärer Ansatz für ein Thema, das gemeinhin mit Säbelrasseln und einer technischen Materialschlacht einhergeht. In Dresden soll es vor allem um Ursachenforschung gehen. Wo kommt Gewalt her? Ist sie zwangsläufig? Warum ziehen Menschen in den Krieg?

Museumsdirektor Matthias Rogg liebt Exponate, die für sich selbst sprechen. Da ist zum Beispiel ein Schaf mit drei Beinen. Noch heute werden Tiere in Kriegsgebieten auf vermintes Gelände geschickt, um den Weg für die Soldaten zu ebnen. Die Reihe der Kriegstiere im Museum führt ein Elefant an, auch Dromedar, Pferd und Muli sind dabei. Ganz am Ende geht es um Bienen. Das amerikanische Militär hat sie abrichten lassen, um Sprengstoff aufzuspüren. Das Kapitel „Tiere beim Militär“ ist eines aus dem Themenparcours mit elf Abteilungen. Hier kann sich der Gast mit einzelnen Aspekten der Ausstellung befassen. Ein anderer Rundgang führt chronologisch durch die Militärgeschichte.

Mit 62,5 Millionen Euro hat die Bundeswehr ihr Museum aufgerüstet. Steigende Stahlpreise und andere Unwägbarkeiten machten den Bau fast doppelt so teuer als geplant. Zuerst waren 35 Millionen Euro veranschlagt und die Eröffnung für 2008 terminiert. Angesichts der Kosten mancher Waffensysteme halten viele diese Investition dennoch für angemessen - auch Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU): „Gut investiert ist dieses Geld allemal, denn historische Bildung ist Voraussetzung für politisches Handeln.“

Wer sich dem Museum in Dresdens Albertstadt nähert - im 19. Jahrhundert eines der größten Militärgelände Europas -, sieht eine faszinierende Architektur. Die Bundeswehr überließ Star-Architekt Daniel Libeskind das Kommando. Er lässt das alte Arsenalgebäude durch einen riesigen Keil aus Beton, Stahl und Glas durchbrechen und will auf diese Weise die Brüche in der deutschen Militärgeschichte verdeutlichen. Zudem gibt es schräge Böden und Wände. „Man kann Krieg heute nicht mehr in eine Box stecken“, sagt der Architekt und spricht von „neuen Perspektiven, um die Menschen zum Denken und Fühlen anzuregen“.

Der Keil ist ein Museum im Museum. „Das ist reinster Libeskind“, preist Rogg den Architekten. Im Ausland sei das Interesse an dem Bau groß. Als die „New York Times“ im Januar Dresden als einziges deutsches Reiseziel unter die „41 Places To Go in 2011“ wählte, war das Museum der entscheidende Punkt. Seitdem hatte Rogg einen prall gefüllten Terminkalender und musste immer wieder Interviews geben. Als er vor mehr als einem Jahr das Museum als Baustelle übernahm, sah es noch wie ein Schlachtfeld aus.

Libeskind (46), der als Kind jüdischer Eltern einst von Polen nach Israel auswanderte und dann in den USA seine Heimat fand, hatte nie Bedenken, gerade den Deutschen dieses Haus zu entwerfen. „Dieses Museum handelt ja vom Militär in einer Demokratie. Deutschland hat sich von seiner dunklen Vergangenheit gelöst und zu einer offenen Gesellschaft entwickelt“, sagt der Architekt.

Perspektivwechsel werden auch im Museum angestrebt - nicht nur beim Gang vom alten in den neuen Teil der Ausstellung. Nie erreicht der Krieg hier heroische Dimensionen - eher geht es um seine Schattenseiten.