Linke demonstriert Geschlossenheit: Zehn Prozent als Wahlziel
Dresden (dpa) - Mit Forderungen nach einer radikalen Umverteilung will die Linke bei der Bundestagswahl auf mindestens zehn Prozent der Stimmen kommen.
Mit großer Mehrheit verabschiedete sie am Wochenende auf ihrem Parteitag in Dresden ein Wahlprogramm, das milliardenschwere Steuererhöhungen für Reiche und deutliche finanzielle Verbesserungen für Geringverdiener und Rentner vorsieht. Ihre Kontroverse über den Euro legte die Partei mit einer Kompromissformel bei, die ein Bekenntnis zur Gemeinschaftswährung enthält. Zu einer Regierungsbeteiligung erklärte sich die Linke zwar grundsätzlich bereit, griff aber gleichzeitig SPD und Grüne für ihre Abgrenzung nach links scharf an.
Spitzenkandidat Gregor Gysi schwor die Partei bei der dreitägigen Konferenz auf ein ehrgeiziges Wahlziel ein. „Wir wollen wieder ein zweistelliges Ergebnis erreichen“, sagte er. Bei der Bundestagswahl 2009 hatte die Linke ein Rekordergebnis von 11,9 Prozent erzielt, in den Umfragen liegt sie derzeit zwischen sechs und neun Prozent.
Gysi forderte Rot-Grün auf, ihren ablehnenden Kurs gegenüber der Linken aufzugeben. „Bewegen müssen sich SPD und Grüne, und zwar gewaltig“, sagte er. „Dieses Land braucht eine Linke - stärker denn je.“ Als Bedingung für ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis nannte Gysi den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Zudem führte er die Koppelung des Rentenniveaus an die Lohnentwicklung, die Rente mit 65 statt 67 und eine stärkere Besteuerung von Besserverdienenden und Vermögenden auf. Allerdings bezeichnen sowohl SPD als auch Grüne die Linkspartei als weiterhin nicht regierungsfähig.
Von den 550 Linke-Delegierten stimmten nur 5 gegen das Wahlprogramm mit dem Titel „100 Prozent sozial“, es gab wenige Enthaltungen. Der Spitzensteuersatz soll danach von 42 auf 53 Prozent angehoben werden. Für Einkommen über eine Million Euro will die Linke sogar 75 Prozent verlangen. Auch Erbschaften und große Vermögen sollen höher besteuert werden.
Mit den zusätzlichen Einnahmen von 180 Milliarden Euro pro Jahr will die Partei unter anderem eine Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes von 382 auf 500 Euro und eine Mindestrente von 1050 Euro finanzieren. Ein Mindestlohn von 10 Euro soll gesetzlich vorgeschrieben werden und bis 2017 auf 12 Euro ansteigen.
„Wir als Linke erfüllen die Funktion als soziale Alarmanlage“, sagte Parteichefin Katja Kipping. Zu den wenigen strittigen Punkten gehörte in Dresden die Haltung zum Euro. Ex-Parteichef Oskar Lafontaine hatte zuletzt mit markanten Thesen dazu für Wirbel gesorgt: Er hält die europäische Gemeinschaftswährung für eine Fehlkonstruktion und empfiehlt die Rückkehr einzelner Länder zu nationalen Währungen.
Der Parteitag beschloss die vom Vorstand vorgeschlagene Kompromiss-Formel: „Auch wenn die Europäische Währungsunion große Konstruktionsfehler enthält, tritt die Linke nicht für ein Ende des Euro ein“, heißt es nun im Wahlprogramm. Voraussetzung für dessen Fortbestand sei ein Ende der Kürzungspolitik. Ein Antrag, der das Bekenntnis zum Euro deutlich abgeschwächt hätte, wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.
Insgesamt gab es in Dresden kaum Auseinandersetzungen über den Programmentwurf und nur wenige Änderungen. Im vergangenen Jahr hatte die Linke noch einen erbitterten Machtkampf erlebt, der die Partei an den Rand der Spaltung brachte. Gysi sagte, die verschiedenen Strömungen der Partei hätten begriffen, dass sie aufeinander angewiesen seien. „Also müssen wir einfach lernen, mit Respekt miteinander umzugehen. Und da sind wir weitergekommen.“
Am Sonntag ging der Parteitag mit Abstimmungen über Satzungsänderungen zu Ende. FDP-Generalsekretär Patrick Döring warf der Linken vor, soziale Wohltaten auf Kosten der Leistungsträger aus der Mitte der Gesellschaft zu versprechen. „Das ist ein Griff in die sozialistische Mottenkiste“, erklärte er.