Nebenkläger wollen Zschäpe-Brief in Prozess einbeziehen
München (dpa) - Vor Gericht schweigt Beate Zschäpe eisern. In einem Brief an einen Dortmunder Neonazi hat sie dagegen auf vielen Seiten ihre Gefühlslage geschildert. Verstecken sich in dem Schreiben geheime Botschaften?
München (dpa) - Vor Gericht schweigt Beate Zschäpe eisern. In einem Brief an einen Dortmunder Neonazi hat sie dagegen auf vielen Seiten ihre Gefühlslage geschildert. Verstecken sich in dem Schreiben geheime Botschaften?
Die Nebenkläger im Münchner NSU-Prozess verlangen, den Brief der Hauptangeklagten Zschäpe in das Verfahren einzuführen. „Es ist an der Tagesordnung, dass beschlagnahmte Briefe von Häftlingen verlesen werden. So ein Brief kann die Persönlichkeit der Angeklagten aufhellen“, sagte Rechtsanwalt Jens Rabe der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Die Anwältin Angelika Lex regte an, den Brieffreund als Zeugen zu laden.
In dem langen handschriftlichen Brief, der auch der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, schreibt Zschäpe unter anderem über ihren Alltag in der Haft. Sie erwähnt ihre Vorführung beim Haftrichter des Bundesgerichtshofes (BGH) und ihre Sorge, bereits vorverurteilt zu sein. Außerdem schildert sie in längeren Passagen ihre Gefühle. Vor Gericht hat die 38-Jährige bislang jede Aussage verweigert.
Die Vertreter der Nebenkläger halten den Brief auch deshalb für bedeutsam. Anwalt Sebastian Scharmer äußerte die Vermutung, dass Zschäpe darin politische Codes verborgen haben könnte. „Plötzlich schreibt sie darüber, dass man bei 18 Grad nicht frieren wolle. Das ergibt an dieser Stelle keinen Sinn.“ Die Zahl 18 wird in der Neonazi-Szene oft als Synonym für Adolf Hitler verwandt, weil A der erste und H der achte Buchstabe im Alphabet sind.
In dem Brief erwähnt Zschäpe, dass sie den Dortmunder Neonazi erst zwei Monate kenne. In einem Schreiben des Düsseldorfer Innenministeriums an die Bundesanwaltschaft heißt es jedoch, der „außergewöhnliche“ Briefverkehr könne Anhaltspunkte dafür geben, dass sich die beiden bereits vorher kannten.
Der Brief war bei der Kontrolle von Zschäpes Post nicht beanstandet worden, weil das Oberlandesgericht München ihn offenbar für irrelevant hielt. Beschlagnahmt wurde das Schreiben erst in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne. Dort verbüßt der Neonazi, der laut SWR der verbotenen „Hilfsorganisation Nationaler Gefangener“ (HNG) angehört haben soll, zurzeit eine mehrjährige Haftstrafe wegen räuberischer Erpressung.