Linke-Spitzenpolitiker uneins über Rente mit 70

Berlin (dpa) - Die Idee einer Rente mit 70 auf freiwilliger Basis entzweit die Spitzenpolitiker der Linkspartei. Thüringens neuer Ministerpräsident Bodo Ramelow zeigt sich offen für ein solches Modell.

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Der „Thüringischen Landeszeitung“ sagte er, Fachwissen und Lebenserfahrung sollten nicht verloren gehen, aber die Arbeitnehmer dürften nicht unter Druck gesetzt werden. Die Bundesvorsitzenden der Linkspartei, Bernd Riexinger und Katja Kipping, nannten den Vorstoß hingegen verfehlt.

Die Debatte angestoßen hatte der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise. Angesichts des Fachkräftebedarfs plädierte er dafür, das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus attraktiver zu machen. Die Regierung habe schon die Rente mit 63 ermöglicht. Nun sollte sie Anreize setzen, „dass Arbeitnehmer, die fit sind, freiwillig bis 70 arbeiten können“, sagte er der „Welt“.

Ramelow forderte, davon müssten dann beide Seiten Vorteile haben. So könne Arbeitnehmern, die jenseits des Rentenalters arbeiteten, beispielsweise die Einkommensteuer erlassen werden.

Zuvor hatte Bundesparteichef Riexinger den Vorschlag am Freitag als „abenteuerlich und völlig verfehlt“ bezeichnet. Kipping sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die Vorschläge „gehen in die völlig falsche Richtung“.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte den Vorstoß. „Wer heute einen Job hat, fit ist und länger arbeiten will, dem legt niemand Steine in den Weg. Das Riesenproblem haben aber diejenigen, die es nicht bis 65 - geschweige denn bis 67 - schaffen können“, sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Der Anteil älterer Arbeitnehmer ist schon stark gestiegen. So waren im Jahr 2000 von den 60- bis 64-Jährigen nur 20 Prozent erwerbstätig und 62 Prozent Rentner. Im vergangenen Jahr waren bereits 50 Prozent erwerbstätig und nur 37 Prozent Rentner.

Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, kritisierte, der arbeitende Rentner als Retter vor der vermeintlichen demografischen Katastrophe sei eine Chimäre. „Ein solches Konzept ist voller Ignoranz gegenüber der Biologie des Beschäftigten und den Belastungen der modernen Arbeitswelt.“

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, mahnte hingegen in der „Neuen Presse“ flexible Übergänge in die Rente an. „Sowohl ein früherer als auch ein späterer Renteneinstieg sollten möglich sein.“ Sie fügte hinzu: „Ob die 70 in diesem Zusammenhang allerdings die magische Zahl sein muss - da bin ich skeptisch.“