Linkspartei: Spaltung in Ost- und Westteil?

Parteiinterne Initiative sieht das bisherige Projekt in Gefahr. Streit entzweit die Genossen.

Berlin. Max Reimann war früher Mitglied des Parlamentarischen Rates und Ehrenvorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei. Sein Sohn Michael hat sich nun an die Spitze jüngerer Parteimitglieder der Linkspartei gestellt und einen brisanten Brief veröffentlicht.

Inhalt: die Forderung, dass sich die Linkspartei teilt. In eine Sektion Ost und eine West. Kernsatz des Schreibens: „Es besteht die Gefahr des Scheiterns, eine Kraft links von der SPD zu positionieren“. Die sechs Unterzeichner regen an: „Eine Dachorganisation und zwei unabhängig voneinander agierende Parteien.“

Die Debatte trifft die Linkspartei drei Monate vor dem für die Politik- und Zukunftsfähigkeit existenziellen Programmparteitag in Erfurt tief ins Mark. Vorbei scheinen die Zeiten der Umfragen-Hochkonjunktur. Bislang konnte sie die SPD mit der Debatte über eine rot-rote Koalitionsoption unter Druck setzen. Aber die Situation wird durch eine Reihe politischer Rückschläge für die Führungsspitze der Partei heikel.

In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz scheiterte die Linkspartei bei den Landtagswahlen klar an der Fünf-Prozent-Klausel. Und es droht neuer politischer Liebesentzug: Es kursieren in Berlin Gerüchte über Umfragen bei der anstehenden Wahl zum Abgeordnetenhaus, die den Linken vor allem im Osten der Stadt einen dramatischen Einbruch prophezeien.

Vor dem Hintergrund dieser Aufgeregtheiten hat der Parteivorstand der Linkspartei am Wochenende ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet. Der Einigung war ein heftiger interner Streit vorausgegangen.

Jahrelang hatte man vor allem bei der SPD darauf hingewiesen, dass die Linkspartei schon deshalb nicht koalitionsfähig sei, weil sie ihre Grundwerte niemals in Programmform gegossen habe. Im Frühjahr 2010 gab es einen ersten Programmentwurf, der an Radikalität nicht zu überbieten war. Autor: der damalige Parteivorsitzende Oskar Lafontaine.

Nun bekennt sich die Linkspartei zum demokratischen Sozialismus als Ziel. Der Kapitalismus stehe für Ungleichheit, Ausbeutung und Expansion. Dem setzen die Linken die Werte „Demokratie, Freiheit und Frieden“ gegenüber. Man strebe eine umfassende Umgestaltung der Gesellschaft an. Im Papier ist von einem „Systemwechsel“ die Rede.