Merkel besucht Flüchtlingsheim in Heidenau

Berlin (dpa) - Nach den rassistischen Ausschreitungen im sächsischen Heidenau will auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das betroffene Flüchtlingsheim besuchen.

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Merkel werde dort an diesem Mittwoch mit Flüchtlingen, Helfern und Sicherheitskräften sprechen, kündigte das Bundespresseamt am Dienstag an. Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel war bereits am Montag in die sächsische Kleinstadt gereist. Seitdem sieht sich die SPD-Zentrale mit einer Masse an rassistischen Pöbeleien in Mails und Anrufen konfrontiert.

Rechtsextremisten und Rassisten hatten am Wochenende vor einer Notunterkunft für Asylbewerber in einem ehemaligen Baumarkt in Heidenau zwei Nächte lang Polizisten angegriffen und Flüchtlinge bedroht. Dabei wurden mehr als 30 Polizisten verletzt. Merkel wurde vorgeworfen, zu lange zu den Ausschreitungen geschwiegen zu haben. Sie verknüpft die Visite in Heidenau nun mit einem ohnehin geplanten Besuch in Sachsen.

Bundespräsident Joachim Gauck will sich an diesem Mittwoch ebenfalls eine Flüchtlingsunterkunft ansehen und dort mit Flüchtlingen und Helfern reden - und zwar in Berlin. Der Besuch findet auch vor dem Hintergrund der Krawalle in Heidenau statt.

Gabriel hatte sich bereits am Montag ein Bild von der Lage in der sächsischen Stadt gemacht und die Ausschreitungen mit harten Worten verurteilt. Er sprach von rechtem „Pack“ und einem „rechtsradikalen Mob“, dem Deutschland keinen Millimeter Raum geben dürfe.

Der Besuch löste nach SPD-Angaben eine Welle an rechter Hetze gegen die Partei aus. Seit Gabriels Besuch in Heidenau habe „der rechtsradikale Mob das Willy-Brandt-Haus mit menschenverachtenden Anrufen, E-Mails und Kommentaren überschwemmt“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi der Deutschen Presse-Agentur. Die fremdenfeindlichen Äußerungen hätten mittlerweile dramatische Ausmaße angenommen. „Die SPD wird diesen braunen Mob nicht dulden.“

Ein SPD-Sprecher sagte, bis Dienstagmorgen seien etwa 300 Mails mit zum Teil menschenverachtendem Inhalt in der Parteizentrale eingegangen. Dazu kämen etwa 150 Anrufe mit Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen. Die SPD prüft nun Anzeigen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD)verurteilte die Ausschreitungen in Heidenau und kündigte Strafverfolgung für die Verantwortlichen an. „Diese rechten Schläger, die es da gibt, gehören nicht auf die Straße, sondern sie gehören vor Gericht, und dort werden sie auch landen“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Den Vorschlag, zum besseren Schutz von Flüchtlingen Bannmeilen rund um Asylbewerberunterkünfte einzurichten, wies er zurück: „Davon halte ich überhaupt nichts.“

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nannte die gewalttätigen Ausschreitungen rund um Flüchtlingsunterkünfte eine „Schande“. Sie seien „peinlich für unser Land“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Allerdings kämen auf jede fremdenfeindliche Aktion in Deutschland statistisch gesehen 20 ehrenamtliche Aktionen für Flüchtlinge. „Es gibt in Deutschland eine anrührende, spontane und breite Bereitschaft, Flüchtlingen zu helfen.“

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht trotz der zunehmenden Zahl an Übergriffen eine große Hilfsbereitschaft. „Wir sollten der deutschen Öffentlichkeit zeigen, dass es trotz aller Herausforderung ganz viele Fälle gibt, in denen die Dinge gutlaufen“, sagte er der dpa bei einem Besuch in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Niedersachsen.

Allerdings reißen auch die Meldungen über Angriffe auf Asylbewerberheime nicht ab. Wenige Tage vor ihrem Bezug brannte am Dienstagmorgen eine geplante Notunterkunft für Flüchtlinge im brandenburgischen Nauen aus. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geht von einem rechtsextremistischen Anschlag aus. „Wir sind noch nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, dass alles andere als sehr, sehr großer Zufall bezeichnet werden könnte“, sagte er.

Die Linke forderte angesichts der Gewalt und Hetze gegen Flüchtlinge eine Regierungserklärung der Kanzlerin und beantragte für die kommende Woche eine Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses.