Kita-Studie: Ruf nach einheitlichen Standards

Gütersloh (dpa) - Trotz Fortschritten in Krippen und Kitas sieht Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) noch viel Luft nach oben. „Bei der Qualität der Kindertagesbetreuung haben wir noch einen längeren Weg vor uns“, erklärte die Ministerin.

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Eine Bertelsmann-Studie hatte ergeben, dass es beim für die Qualität entscheidenden Betreuungsschlüssel in den Einrichtungen zwar einen positiven Trend gebe. Dennoch sei immer noch zu wenig Personal in den Kitas.

Arbeiterwohlfahrt und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnten bundesweit einheitliche Standards an. Zudem müsse der Bund Geld für die frühkindliche Bildung locker machen, forderte die GEW.

Nach der Studie der Bertelsmann-Stiftung kamen 2014 auf eine Vollzeitkraft im Schnitt 4,4 Krippenkinder in der Ganztagsbetreuung, oder 9,5 Kindergartenkinder. Zwei Jahre zuvor waren die Durchschnittswerte mit 4,8 und 9,8 noch schlechter. Damit ist die Qualität in bundesdeutschen Kitas und Kindergärten dank einem Plus beim Personal besser geworden.

Die Experten der Stiftung gehen von einem Idealwert von 1 zu 3 in der Betreuung der Kleinsten und von 1 zu 7,5 ab drei Jahren aus. Der Betreuungsschlüssel ist laut Studie ein wichtiges Qualitätsmerkmal.

Die Fortschritte sind laut dem „Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme“ in den 16 Bundesländern unterschiedlich. Die besten Werte hat Baden-Württemberg mit 3,1 und 7,7 (2012: 3,5 und 8,6). Zwar hat Hamburg vor allem im Kindergartenbereich aufgeholt, die Hansestadt bleibt aber bei der Krippenbetreuung mit einem Betreuungsschlüsssel von 5,1 (2012: 5,7) Schlusslicht im Westen.

„Die Personalschlüssel sind längst noch nicht überall kindgerecht und pädagogisch sinnvoll, aber der Trend ist positiv“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung zu den Zahlen.

Weiterhin registrieren die Forscher ein starkes Gefälle zwischen Ost und West. In den neuen Bundesländern müssen sich die Erzieherinnen um deutlich mehr Kleinkinder kümmern (1 zu 6,1) als im Westen (1 zu 3,6). Auch in den Kindergartengruppen ist der Personalschlüssel im Westen mit 1 zu 8,9 deutlich besser als im Osten mit 1 zu 12,4. Allerdings gehen im Osten mit 46,6 Prozent erheblich mehr Kinder unter drei Jahren in Kitas als im Westen (22,7 Prozent).

Fällt der Personalschlüssel schlecht aus, hat das auch Folgen für die Gesundheit der Fachkräfte. Laut Studie müssen Vollzeitkräfte rund ein Viertel ihrer Zeit für Elterngespräche, Dokumentation oder Fortbildung einplanen. Das funktioniert auch. Bei Teilzeitkräften aber wird das schwierig und sorgt für Druck. Ihre Arbeitszeit wird komplett für die Kinderbetreuung verplant, andere Aufgaben müssen aber auch erledigt werden. „Angesichts der konstant hohen Unterschiede zwischen den Bundesländern werden bundeseinheitliche Qualitätsstandards für Kindertagesbetreuung immer drängender“, sagte Dräger.

Erstaunt zeigen sich die Bertelsmann-Experten über den bundesweit hohen Anteil an befristeten Verträgen. 41 Prozent der Fachkräfte unter 25 Jahren arbeiten befristet. Bei Spezialisten für Inklusion, also der gemeinsamen Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern, sind es ein Drittel.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWo) als Kindergartenbetreiber kritisiert, dass selbst die laut Studie besten Bundesländer die empfohlenen pädagogischen Standards nicht erreichen. „Eine andere Wahrheit ist jedoch auch, dass sich die Betreuungsschlüssel in den einzelnen Bundesländern extrem unterscheiden. Es ist Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass Kinder in Baden-Württemberg die gleichen Startchancen ins Leben haben wie Kinder in Sachsen-Anhalt“, sagt der AWo-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler laut Mitteilung.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte ein Kita-Qualitätsgesetz und ein finanzielles Engagement des Bundes für die frühkindliche Bildung. „Wir dürfen es nicht länger den Ländern überlassen, darüber zu entscheiden, unter welchen personellen Bedingungen Kitas arbeiten“, sagte Norbert Hocke vom GEW-Vorstand laut Mitteilung.