Heidenau Empörung über rechte Ausschreitungen gegen Flüchtlinge

Heidenau (dpa) - Sachsens Regierung hat die rassistischen Ausschreitungen in Heidenau scharf verurteilt. „Hier sind Grenzen überschritten worden, die ich kaum noch in Worte fassen kann“, sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bei einem Besuch der Asylunterkunft.

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„Denn es kann nicht sein, dass Asylbewerber, Hilfskräfte oder Polizisten angegriffen werden aus blindem Hass. Das ist nicht tolerabel“. Tillich versicherte das „Gewaltmonopol des Staates“ durchsetzen zu wollen. „Gehen Sie davon aus, dass hier alle Anstrengungen unternommen werden, um Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten beziehungsweise auch weiter sicherzustellen“, sagte er nach Gesprächen mit Vertretern von Polizei, Stadt und Heimbetreiber.

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Rechtsradikale und Rassisten hatten am Wochenende zwei Nächte in Folge vor der Notunterkunft für Flüchtlinge randaliert und Polizisten angegriffen. Zwei Beamte wurden verletzt, wie eine Polizeisprecherin am Sonntag berichtete. Politiker äußerten sich empört. Mehrere Bundesminister verlangten, ausländerfeindliche Gewalttaten mit aller Härte zu ahnden.

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„Es ist hier ein brauner Mob unterwegs gewesen in den letzten Tagen, der Hass und Gewalt gesät hat“, sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). „Wir lassen uns das nicht gefallen. Wir weichen auch nicht zurück.“

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In der Kleinstadt südöstlich von Dresden hatte es schon in der Nacht zum Samstag vor dem früheren Baumarkt Krawalle gegeben, der zum Notquartier für 600 Flüchtlinge umgebaut wird. 31 Beamte wurden verletzt, als Rechtsextreme sie mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern bewarfen. Die Polizei setzte Tränengas und Pfefferspray ein, um eine Blockade auf der Zufahrtsstraße räumen zu können.

Laut Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll gilt seit Sonntagabend eine Sicherheitszone in Heidenau. „Wir rufen hier nicht den Ausnahmezustand aus“, sagte er. Aber die Maßnahme ermögliche der Polizei etwa eine anlasslose Feststellung von Personalien. Außerdem könnten leichter Platzverweise ausgesprochen werden.

Die Polizei richtete sich darauf ein, dass die Gewalttäter am Sonntagabend oder in den kommenden Tagen zurückkehren. In den sozialen Netzwerken gebe es Aufrufe zu weiteren Protesten gegen die Unterkunft, sagte ein Sprecher. Auch die Gegenseite mobilisiere ihre Anhänger im Netz. Es seien mehr Beamte vor Ort als an den beiden Vorabenden, so der Sprecher. Angaben zur genauen Anzahl machte er nicht. Erstmals standen auch zwei Wasserwerfer bereit.

Am Samstagabend standen rund 150 Unterstützer aus dem linken Spektrum rund 100 Rechtsextremen gegenüber. Am späten Abend warfen plötzlich Rechte Bierflaschen und Böller auf die Polizisten. Es gab laut Polizei eine vorläufige Festnahme. Zudem wurden 65 Platzverweise erteilt und von 23 Verdächtigen Personalien aufgenommen. Ermittelt wird unter anderem wegen schwerem Landfriedensbruch. Am Freitag waren gut 130 Beamte im Einsatz, am Samstag rund 170.

Bundesjustizminister Heiko Maas und Vizekanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) forderten, Polizei und Justiz müssten „mit aller Härte“ gegen rechtsradikale Gewalttäter vorgehen. Gabriel kündigte an, an diesem Montag die Flüchtlinge in ihrer Unterkunft zu besuchen. Der Wirtschaftsminister ist das erste Mitglied der Bundesregierung, das sich vor Ort ein Bild macht.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte im ZDF: „Alle Asylbewerber und Flüchtlinge, ganz gleich ob sie später bleiben werden, haben das Recht auf eine anständige Unterbringung und Aufnahme, auf ein faires Verfahren“. Wer das verhindern wolle, „der verlässt den Konsens der Demokraten“.

Die Grünen forderten ein Eingreifen der Kanzlerin. „Ich warne vor einem neuen rechten Terrorismus à la NSU. Die Zögerlichkeit von Angela Merkel, hier die richtigen Worte zu finden, kann ich nicht mehr verstehen“, sagte die Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt. SPD-Vize Ralf Stegner warf Merkel mangelndes Engagement vor: „Angela Merkel ist und bleibt eine Schönwetterkanzlerin“, sagte er Spiegel online.

Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) verurteilte die Randale und forderte die Einwohner zur Solidarität mit Flüchtlingen auf. „Menschlichkeit ist gefragt, kein materielles Opfer“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Am Sonntag traf ein Bus mit weiteren Flüchtlinten ein. Bis zum Abend sollten 320 Asylbewerber in der Unterkunft untergebracht sein.

Auch in Suhl in Thüringen gingen am Samstag nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen in einem Asylbewerberheim erneut rund 40 rechtsgerichtete Demonstranten auf die Straße. Ihnen standen etwa gleich viele Gegendemonstranten gegenüber.