Merkel dringt auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien

Mehr Menschen als im Jahr zuvor werden von Deutschland nach Tunesien abgeschoben - Anis Amri war nicht dabei. Nun sollen Hürden für Rückführungen weiter sinken. Die Grünen fordern noch etwas anderes.

Angela Merkel am Freitag im Bundeskanzleramt.

Foto: Michael Kappeler

Berlin. In Folge des Terroranschlags von Berlin dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien. Das Thema war am Freitag Gegenstand eines Telefonats von Merkel mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi, wie die Kanzlerin in Berlin mitteilte.

„Deutschland und Tunesien haben ihre Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus erheblich intensiviert“, sagte Merkel. Auch in der Frage der Rückführung von Tunesiern ohne Aufenthaltsrecht aus Deutschland sei man bereits vorangekommen. „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass wir den Rückführungsprozess allerdings noch deutlich beschleunigen und die Zahl der Zurückgeführten weiter erhöhen müssen.“

Nach dem Terroranschlag in Berlin war bekannt geworden, dass die Behörden den mutmaßlichen Täter, den Tunesier Anis Amri, als Gefährder auf dem Radar hatten. Eine Abschiebung nach Tunesien scheiterte, weil er keinen Pass hatte. Laut Bundesinnenministerium wurden 2015 noch 17 Tunesier direkt nach Tunesien abgeschoben. „17 sind eine geringe Zahl, das hat sich erheblich verbessert“, sagte ein Sprecher. Tunesien akzeptiere mittlerweile auch Charterflüge. Bis Ende November seien 117 Menschen in das Land abgeschoben worden. Weitere Gespräche mit Tunesien würden geführt. Die Bundesregierung lehnt es weiter ab, die Zusammenarbeit mit Ländern wie Tunesien, Marokko oder Algerien auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit an die Abschiebepraxis zu knüpfen.

Tunesien hat in diesem Jahr rund 290 Millionen Euro an Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit erhalten. Mit dem tunesischen Präsidenten habe sie über alle Aspekte der Beziehungen gesprochen, sagte Merkel. „Deutschland und Tunesien haben ihre Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus erheblich intensiviert.“

Die Grünen warfen Merkel unzureichende Schritte vor. „Es ist gut, wenn Merkel mit dem tunesischen Präsidenten telefoniert, aber das Hauptproblem ist nicht Tunesien, sondern Saudi-Arabien“, sagte der Grünen-Außenpolitikexperte Omid Nouripour der Deutschen Presse-Agentur. „Dort hat die Radikalisierung in der Regel seinen Ursprung“, sagte Nouripour. „Das Hauptproblem sind die Salafisten und die werden von Saudi-Arabien finanziert.“ Merkel solle mit dem saudischen König telefonieren und ihm sagen, dass er die Finanzierung von radikal-islamistischen Salafisten stoppen solle.