Beitragssenkung um 0,3 Punkte Minister Heil will Arbeitslosengeld ausweiten - Union murrt

Berlin (dpa) - Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stößt mit Reformplänen zugunsten von Arbeitnehmern und Arbeitslosen auf Kritik und Ablehnung der Union. Heil will das Arbeitslosengeld auf mehr Menschen ausweiten und Weiterbildung deutlich stärker fördern.

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Der Arbeitslosenbeitrag soll um 0,3 Prozentpunkte gesenkt werden. Heil kündigte seine Pläne als „Qualifizierungsoffensive“ an. Diese wolle er gemeinsam mit der von der Koalition bereits verabredeten Beitragssenkung gesetzlich auf den Weg bringen.

Damit soll der Arbeitslosenbeitrag zum 1. Januar 2019 auf 2,7 Prozent sinken, aber nicht wie teils von der Union gefordert um 0,5 Punkte. Die Beitragszahler würden um 3,5 Milliarden Euro entlastet.

Beim Arbeitslosengeld setzt Heil auf niedrigere Hürden. So soll die dafür nötige Mindestversicherungszeit von zwölf auf zehn Monate gesenkt werden, und zwar innerhalb von drei statt wie bisher von zwei Jahren. Dieser höhere Versicherungsschutz solle kurzzeitig und projektbezogenen Beschäftigten zugute kommen. 100.000 Versicherte sollen davon profitieren - für 600 Millionen Euro im Jahr. Die Betroffenen sollten nicht in die Grundsicherung abrutschen.

Für Unternehmen, deren Mitarbeiter Lehrgänge zur Weiterbildung belegen, soll es mehr Geld geben. Neben Lehrgangskosten solle die Förderung ab vier Wochen Qualifizierung künftig auch den weiterbezahlten Lohn umfassen können.

Kleinstunternehmen sollen die Lehrgangskosten voll und die Lohnfortzahlung zu 75 Prozent bezahlt bekommen, kleine und mittlere Unternehmen beides zur Hälfte, Großunternehmen beides zu einem Viertel. Von Alter, Qualifikation oder Betriebsgröße solle Weiterbildung nicht mehr abhängig sein, so Heil. Wenn es beispielsweise 20.000 Fälle einer solchen Förderung gebe, beliefen sich die Kosten auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Wenn Arbeitslose an einer Qualifizierung teilnehmen, sollen sie künftig drei Monate Arbeitslosengeld beziehen können - bisher war es nur ein Monat. Dies soll 200 Millionen Euro pro Jahr kosten.

„Das sind erste Bausteine für eine nationale Weiterbildungsstrategie“, sagte Heil. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bemängelte die geplante Senkung des Arbeitslosenbeitrags als „nicht ehrgeizig genug“. „Eine stärkere Entlastung der Arbeitnehmer wäre möglich.“ Die Rücklagen der Arbeitslosenversicherung würden bis Jahresende auf mehr als 20 Milliarden Euro anwachsen. „Die Arbeitslosenversicherung ist aber keine Sparkasse.“

Die Qualifizierungsvorschläge dürfte die Union in vorgelegter Form wohl kaum mittragen. „Wir brauchen jetzt konkrete Vorschläge für eine umfassende Fort- und Weiterbildungsstrategie, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart ist“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU). „Isolierte Maßnahmen, die nur allein von der Bundesagentur für Arbeit getragen werden und Rechtsänderungen, die nicht im Koalitionsvertrag stehen, lehnen wir ab.“ Die Beitragssenkung um 0,3 Punkte müsse umgesetzt werden - im nächsten Jahr eine weitere Senkung erwogen werden.

Johannes Vogel (FDP) warf der Koalition Mutlosigkeit vor: „Von niedrigeren Sozialabgaben profitieren gerade Menschen, die fleißig sind, aber nicht zu den Großverdienern zählen.“

Der Arbeitgeberverband BDA warf Heil unausgegorene Schnellschüsse vor. Die geplante „Gießkannen-Förderung“ von Qualifizierungen verdränge das Weiterbildungsengagement der Wirtschaft, sagte Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hingegen sagte: „Die Verbesserung der Weiterbildung und die Ausweitung des Schutzes der Arbeitslosenversicherung sind das Gebot der Stunde.“ Der Grünen-Arbeitsmarktexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn verlangte, dass die Menschen schon nach vier Monaten Anspruch auf Arbeitslosengeld I bekommen.