Ministerpräsident Platzeck gibt Amt auf: Nachfolger Woidke
Potsdam (dpa) - Der Schritt fällt ihm schwer und ist seiner angeschlagenen Gesundheit geschuldet: Nach elf Jahren als Ministerpräsident in Brandenburg gibt Matthias Platzeck (SPD) sein Amt auf.
Auch den SPD-Landesvorsitz legt der 59-Jährige nieder. „Ich habe mein Amt mit Lust und Leidenschaft ausgeübt“, sagte Platzeck am Montagabend in Potsdam sichtlich bewegt. Er könne das Amt jedoch nicht mehr mit dem Potenzial ausüben, wie es nach seinem Verständnis nötig sei, so Platzeck.
Der frühere SPD-Bundesvorsitzende hatte vor sechs Wochen einen leichten Schlaganfall erlitten. Auf ärztliches Anraten traf er nun seine Entscheidung. „40-50 Stunden kannst Du gut und gerne arbeiten“, zitierte Platzeck bei seiner ersten öffentlichen Äußerung zum Rückzug seinen Arzt, „aber 80 - vergiss es.“ Demokratie habe immer etwas mit Machtverleihung auf Zeit zu tun. „Man soll auch nicht anfangen, irgendwelche Unersetzlichkeitsgedanken zu hegen“, so Platzeck. Deshalb habe er sich entschlossen, am 28. August seinen Rücktritt dem Landtagspräsidenten zu erklären.
Nachfolger in beiden Ämtern soll auf Vorschlag von Platzeck der bisherige brandenburgische SPD-Innenminister Dietmar Woidke (51) werden. „Er steht mit beiden Füßen fest auf märkischen Boden“, sagte der Ministerpräsident.
Am Montagmorgen war Platzeck - Regierungschef der einzigen rot-roten Koalition in Deutschland - nach einem dreiwöchigen Urlaub an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Er überraschte auch seine eigene Partei mit dem Rücktritt. Am späten Nachmittag beriet er in Potsdam mit dem SPD-Landesvorstand und der Fraktion über die Lage.
„Ich habe die ganzen sechs Wochen mit mir gerungen“, schilderte Platzeck. Die Entscheidung sei ihm sehr schwer gefallen. Es gehe ihm zwar besser, aber bei der Genesung sei Geduld notwendig. Sein Direktmandat im Wahlkreis Uckermark I will Platzeck behalten.
Wegen gesundheitlicher Probleme hatte Platzeck, der als Hoffnungsträger der SPD im Osten galt, immer wieder Rückschläge in seiner politischen Karriere hinnehmen müssen. Zwei Hörstürze und ein Zusammenbruch zwangen ihn im Jahr 2006 nach 146 Tagen als SPD-Bundesvorsitzender zum Rückzug.
Woidke dankte seinem Vorgänger für die gute Zusammenarbeit, die ihm fehlen werde. Platzeck habe das Land zu dem gemacht, was es ist, „ein erfolgreiches Land.“ Er selbst stelle sich der für ihn bisher größten Herausforderung, das Amt des Ministerpräsidenten, aber auch des Landesvorsitzenden der SPD zu übernehmen und werde „mit aller Kraft für die Menschen in Brandenburg“ arbeiten.
Woidke kündigte an, dass der bisherige SPD-Fraktionschef im Landtag, Ralf Holzschuher, das Amt des Innenministers übernehmen solle. Dessen Amt soll Klaus Ness, bisher Generalsekretär der Brandenburger SPD, übernehmen. Eine Koalitionsaussage für die Landtagswahl 2014 wolle er nicht abgeben, sagte Woidke.
Der 51-jährige Lausitzer ist seit 19 Jahren ohne Unterbrechung im Potsdamer Landtag, er war schon SPD-Fraktionschef und Umweltminister. Bei der Bildung der rot-roten Regierung im Herbst 2009 zeigte er im Gegensatz zu etlichen Parteigenossen keine Berührungsängste gegenüber der Linken. Der CDU-Fraktionschef im Landtag in Potsdam, Dieter Dombrowski, sagte: „Ein neuer Ministerpräsident Dietmar Woidke wird von uns eine faire Chance erhalten.“
Politiker anderer Parteien reagierten mit Respekt auf Platzecks Entscheidung. Sozialdemokraten sprachen von einem Verlust für die gesamte Partei. „Die Spuren, die Matthias Platzeck in Brandenburg und darüber hinaus mit seinem politischen Schaffen hinterlässt, sind tief“, so SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Der frühere Kanzlerkandidat, der bei der bevorstehenden Bundestagswahl die Landesliste anführt und im Wahlkreis 61 kandidiert, war zuletzt selbst als potenzieller Nachfolger Platzecks genannt worden.
Platzeck ist nach Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) der bundesweit dienstälteste Ministerpräsident. Der frühere Brandenburger Umweltminister hatte 2002 das Amt des Regierungschefs von Manfred Stolpe (SPD) übernommen. Dieser äußerte Verständnis und Respekt für die Entscheidung seines Nachfolgers. Es sei richtig, auf den Rat seiner Ärzte zu hören, sagte Stolpe.
Platzeck gibt nach seinem Rückzug als Ministerpräsident auch den Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg ab. Dieses Amt hatte er im Januar von Wowereit übernommen und wollte das Krisen-Projekt voranbringen. Er behält den Posten, bis ein Nachfolger gewählt ist. Die nächste Aufsichtsratssitzung ist für den 16. August terminiert - diese will Platzeck noch leiten. Die folgende Sitzung ist für den 25. Oktober geplant. Woidke will nicht in den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft einziehen.