#Breitscheidplatz Nach dem Anschlag von Berlin: Übles Foul aus München

Die CDU ist entsetzt über Seehofers schnelle Attacke gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Der Versöhnungsgipfel im Februar ist in Gefahr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss sich schon wieder der Attacken der CSU erwehren.

Foto: Michael Kappeler

Berlin. Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer unmittelbar nach dem Berliner Attentat haben den Konflikt der beiden christdemokratischen Schwesterparteien um die Flüchtlingspolitik schlagartig wieder angeheizt. Die für Februar angestrebte Verständigung steht wieder in Frage - und damit auch, ob es zu einem gemeinsamen Wahlprogramm kommt.

Seehofer hatte schon am Dienstagmorgen nach einer Gedenkminute im bayrischen Landeskabinett vor laufenden Kameras gesagt: "Wir sind es den Opfern, den Betroffenen und der gesamten Bevölkerung schuldig, dass wir unsere gesamte Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik überdenken und neu justieren". Zu diesem Zeitpunkt verdächtigten die Behörden noch einen 23jährigen pakistanischen Flüchtling der Täterschaft, doch musste der Mann im Laufe des Tages wieder freigelassen werden.

Intern ist in der CDU von einem "üblen Foul" Seehofers die Rede. Denn außer der CSU hatte nur noch die AfD den Anschlag für eine sofortige politische Offensive gegen die Flüchtlingspolitik genutzt. "Das sind Merkels Tote", hatten AfD-Funktionären geäußert. In der Union wird ohnehin befürchtet, dass die Ereignisse der Kanzlerin im Wahljahr schaden könnten. Seehofer hätte das dann noch verstärkt.

Allerdings wurde in der CDU intern die Losung ausgegeben, die Situation nicht selbst weiter zu eskalieren. So wich denn auch Innenminister Thomas de Maizière am Dienstagabend Nachfragen zu Seehofers Äußerungen immer wieder aus. CDU-Vize Armin Laschet sagte eher milde, es sei "nicht die normale Herangehensweise" schon vor Ermittlung der Fakten der Polizei Schlüsse zu ziehen.

Ähnlich Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl, ebenfalls Parteivize der CDU, der es "nicht sehr klug" nannte, so schnell über die möglichen Täter zu spekulieren. "Wir sollten zunächst immer die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit machen lassen." Seehofer will den Anschlag aber offenbar nicht nur zur Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik nutzen, sondern auch, um das Thema innere Sicherheit für die CSU zu besetzen.

In einer weiteren Kabinettssitzung am Dienstagabend ließ er eine Arbeitsgruppe einsetzen, die Vorschläge vorlegen soll "die Sicherheitslage zu verbessern und die Zuwanderung zu begrenzen". Ziel sei es, bis Mitte Januar "notwendige Umsetzungsschritte auf Bundesebene anzustoßen". Generalsekretär Andreas Scheuer bekräftige Mittwochfrüh: "Wir brauchen jetzt eine starke Staatsgewalt".

Alles müsse dafür auf den Prüfstand. Scheuer weiter: "Daran jetzt zu arbeiten, hat doch nichts mit Pietätlosigkeit zu tun."

Zugespitzt wird der Konflikt noch durch Seehofers Ultimatum aus der letzten Woche, dass es "eine Regierungsbeteiligung der CSU ohne eine Obergrenze von 200.000 bei der Zuwanderung nicht geben" werde. Eine solche Obergrenze lehnt die Kanzlerin bisher strikt ab. Ursprünglich wollten CDU und CSU bei einer gemeinsamen Vorstandssitzung Anfang Februar in München versuchen, den Dauerkonflikt um die Flüchtlingspolitik zu beenden. Jetzt ist fraglich, ob es dazu kommt.

Im CSU-Präsidium hieß es nach dpa-Informationen am Dienstag, der Termin mache keinen Sinn, wenn entscheidende Fragen der Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik nicht vorher geklärt seien. Ein Showdown zwischen beiden Parteien schon im Januar ist somit nicht ausgeschlossen.