Streiter für saubere Luft Nach Diesel-Fahrverboten - Die vielen Attacken gegen die Umwelthilfe

Düsseldorf · Wegen seiner kompromisslosen Linie in Sachen Diesel-Schadstoffe wird der Verein zur Zielscheibe heftiger Angriffe. So reagiert Verbandschef Jürgen Resch.

Seit Jahrzehnten das Gesicht der Deutschen Umwelthilfe: Jürgen Resch, hier bei einem der vielen von ihm geführten Gerichtsprozesse.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

In der Antike wurde der Überbringer einer schlechten Nachricht schon mal gern umgebracht. An diese Unsitte erinnern die heftiger werdenden Attacken gegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Der Verein also, der aus Sicht vieler Autofahrer schlechte Nachrichten nicht nur überbringt, sondern diese sogar selbst verantwortet – mit seinen landauf landab geführten Klagen vor den Verwaltungsgerichten und den dadurch ausgelösten Fahrverboten für Diesel-Pkw.

Aktuell gibt es Initiativen, dem Verein aus Radolfzell am Bodensee den Geldhahn jedenfalls teilweise zuzudrehen. Der CDU-Bezirksverband Nordwürttemberg hat für den Bundesparteitag am 7. Und 8. Dezember beantragt, die Partei möge sich dafür einsetzen, der DUH die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Ehrenvorsitzender des Bezirksverbands ist übrigens Matthias Wissmann, langjähriger Präsident des Verbandes der Automobilindustrie.

Gemeinnützigkeit sichert finanzielle Grundlage der DUH

Folge einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit wäre, dass die Spender die von ihnen gemachten Zuwendungen nicht mehr steuerlich geltend machen könnten. Das würde ebenfalls für testamentarische Zuwendungen gelten. Und den Geldfluss an die DUH gewiss eindämmen. Auch andere steuerliche Vorteile und öffentliche Zuschüsse wären bedroht.

Neben dieser CDU-Initiative läuft auch eine von einem Kfz-Mechaniker aus Baden-Württemberg angestoßene und von mittlerweile mehr als 122.000 Unterzeichnern unterstützte Petition. Das für die DUH zuständige Finanzamt Singen solle dem Verein den Status der Gemeinnützigkeit aberkennen. Begründet wird das auf der Plattform openpetition.de so: „Die Deutsche Umwelthilfe missbraucht den Status der Gemeinnützigkeit zu wirtschaftlichen Zwecken und schädigt die Allgemeinheit durch Vorsatz. Aus diesem Grund ist der DUH der Status der Gemeinnützigkeit zu entziehen. Gleichzeitig ist die finanzielle Förderung der DUH aus Steuermitteln zu beenden.“

Auch der schwarz-gelben NRW-Landesregierung ist die DUH angesichts der sich im Land häufenden Klagen in Sachen Fahrverbot ein Dorn im Auge. In einem Interview im März sagte Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU), er sei „nicht länger bereit das hinzunehmen, was die Deutsche Umwelthilfe da macht“. Welche Maßnahmen der Umwelthilfe denn nun konkret drohen, wollten die Grünen daraufhin in einer Kleinen Anfrage wissen. Woraufhin Wüst zurückruderte. Die Landesregierung behalte sich vor, Äußerungen der Deutschen Umwelthilfe auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen, lautete die schon nicht mehr so energische Antwort.

Wer ist die Umwelthilfe, wie finanziert sie sich?

Auch wenn die DUH erst so richtig durch ihr entschlossenes Vorgehen in Sachen Dieselfahrverbote bekannt wurde – der Verein setzt sich seit mehr als 40 Jahren für Umweltthemen ein. Und ist dabei keineswegs auf das Thema Diesel-Pkw beschränkt. Erst Anfang der Woche kritisierte der Verband massiv, dass Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) beim Plastikmüll auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft setze statt Wiederverwendungsquoten verbindlich vorzuschreiben.

Neben diesem „normalen“ Verbandslobbying hat die DUH in ihrem Werkzeugkasten aber vor allem rechtliche Mittel. Das sind nicht nur Klagen vor Verwaltungsgerichten, sondern auch Abmahnungen gegen diejenigen, die Umweltvorschriften verletzten. Das funktioniert dann so, dass das betroffene Unternehmen per Abmahnung auf seinen Verstoß hingewiesen wird. Hier werden dann bereits Abmahngebühren in dreistelliger Höhe fällig. Gleichzeitig muss das Unternehmen eine Unterlassungserklärung unterschreiben und für den Fall der Zuwiderhandlung das Zahlen einer empfindlichen Vertragsstrafe versprechen. Solche behördlich zugesprochenen Abmahnbefugnisse haben auch andere Verbände wie zum Beispiel die Verbraucherzentralen oder der Mieterbund.

Die durch Abmahnungen erzielten Einnahmen der Umwelthilfe seien nicht mit dem Status der Gemeinnützigkeit vereinbar, sagen nun die Kritiker. Jürgen Resch, seit mehr als 30 Jahren Bundesgeschäftsführer und Gesicht der DUH mit ihren gut 330 Mitgliedern und 100 Mitarbeitern, betont gegenüber dieser Zeitung, dass die eingenommenen Abmahngebühren unter 200 000 Euro pro Jahr lägen. Der Rest der in dem Jahresbericht ausgewiesenen Einnahmen aus den „Erträgen Ökologische Marktüberwachung“ von knapp 2,5 Millionen Euro jährlich gehe auf Vertragsstrafen wegen erneut festgestellter Verstöße zurück.

Die DUH mache keine Gewinne, betont Resch: „Was wir in der Marktüberwachung einnehmen, geben wir für die Kontrolle und Rechtsdurchsetzung, für Untersuchungen und Gutachten sowie Verbraucherberatung wieder aus.“

Die Erträge aus der beschriebenen „ökologischen Marktüberwachung“ sind freilich nicht die einzige Geldquelle des Vereins. Größter Posten der Erträge, die nach dem Jahresbericht 2016 bei gut 8,1 Millionen Euro lagen, sind zweckgebundene Spenden, Sponsorings und Zuschüsse in Höhe von gut 4,2 Millionen Euro. Zu den Unterstützern zählt etwa der Naturkosthersteller Rapunzel. Bis Ende 2017 war auch die Telekom dabei.

Nicht korrekt ist laut Resch allerdings die dieser Tage verbreitete Behauptung, die Krombacher Brauerei sei als Spender „abgesprungen“. Gemeinsam mit dem Nabu und der Umweltstiftung WWF habe die DUH über drei Jahre hinweg einen hohen sechsstelligen Betrag für konkrete Naturschutzprojekte wie den Fischotter- und Kegelrobbenschutz erhalten. Diese Kooperation sei planmäßig für alle drei Organisationen zum 31. Dezember 2017 zu Ende gegangen.

Im Zusammenhang mit Spendeneinnahmen wird der DUH oft Intransparenz vorgeworfen. Dem begegnet Resch mit dem Hinweis, sowohl den Transparenzvorgaben des DZI (Deutsches Institut für soziale Fragen, bekannt durch das Spendensiegel) als auch von Transparency International zu entsprechen.

Geld von Toyota: Ist das eine zu verurteilende Zuwendung?

Ein weiterer oft zu hörender Vorwurf: Der japanische Autohersteller Toyota sei einer der Geldgeber, mit dessen Finanzspritzen die Deutsche Umwelthilfe letztlich ihr Vorgehen gegen deutsche Autohersteller unterstütze. Resch bestätigt, dass Toyota bereits seit 20 Jahren bekanntermaßen zu den Spendern gehört und die DUH dies auch immer kommuniziert habe. Die Förderhöhe liege im Durchschnitt pro Jahr bei einem mittleren fünfstelligen Betrag und unter einem Prozent des DUH-Jahresbudgets. In diesem Jahr seien es 30.000 Euro. Aber auch von Daimler bekomme man seit 20 Jahren Spenden in gleicher Größenordnung für die internationale Naturschutzstiftung der DUH.

Die DUH gehe bei festgestellten Verstößen gegen Toyota genauso vor wie gegen die deutschen Autobauer VW oder Daimler, versichert Resch. So habe sie bereits im Frühjahr 2016 bei Abgasmessungen eines Toyota Auris Diesel 1.4 mehr als fünffach erhöhte Abgaswerte gemessen. Wegen Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze habe sein Verband Toyota in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 47 Mal vor Gericht gebracht. „Wir behandeln alle gleich“, sagt Resch.

Den Vorwurf, die Deutsche Umwelthilfe ziehe ihren Kampf in Sachen Dieselfahrverbote auf Kosten der Verbraucher durch, kontert Resch damit, dass es sehr wohl um Verbraucherinteressen gehe – wenn man nämlich dabei helfe, Hunderttausende von Erkrankungen und Tausende vorzeitige Todesfälle zu vermeiden. Auch reklamiere die DUH den Erfolg für sich, dass sie Nachrüstlösungen für betrogene Diesel-Besitzer durch die Autokonzerne durchsetze. Nach Auffassung der DUH müssen alle elf Millionen betrogenen Besitzer von Euro 5+6 Diesel von den Automobilherstellern eine Hardwarenachrüstung auf deren Kosten erhalten – auch von den europäischen und asiatischen Firmen.