Nach Selbstkritik: Nur wenig Ruhe für Merkel
Die CSU lobt die Kanzlerin für ihr Friedensangebot - und legt trotzdem nach.
Berlin. Gibt Horst Seehofer jetzt Ruhe? Stellt die CSU ihre Attacken gegen die Kanzlerin ein, nachdem Angela Merkel mit einer selbstkritischen Rede den Bayern in der Flüchtlingspolitik ein Friedensangebot unterbreitet hat? Das waren die Fragen, die am Dienstag im politischen Berlin mit Blick auf die Union gestellt wurden. Klare Antworten darauf gab es nicht. Denn über allem schwebt nach wie vor ein ungelöster Konflikt: der um die Obergrenze. CSU-Chef Horst Seehofer will sie unbedingt, Angela Merkel nicht.
Vom Tenor der Merkel-Rede am Montag sei sie nicht vorab informiert gewesen, meinte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt vor Journalisten. Sie habe sich in der Nacht die Äußerungen auf dem Tablet-Computer angesehen. Der Auftritt sei "selbstkritisch und wohltuend" gewesen, lobte Hasselfeldt. Ihr Fazit: "Das war in meinen Augen die richtige Sprache und der richtige Inhalt." Soweit, so gut.
Doch da gibt es noch die CSU-Forderung nach einer jährlichen Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen, die maximal aufgenommen werden sollen. Das sei nach aller Erfahrung die Zahl an Menschen, "die das Land verkraften kann", so Hasselfeldt. Ihr komme es aber nicht auf den Begriff an.
Man könne auch von "Richtgröße oder Orientierungsgröße" sprechen. Hauptsache, das Ziel der Begrenzung und Reduzierung werde erreicht. Wer wollte, konnte dies als Distanzierung der CSU-Frau zur Seehofer-Dauerforderung verstehen und als Zeichen der Annäherung an die Kanzlerin. Wer nicht, fand, dass Hasselfeldt die Obergrenze lediglich galant verpackt hat.
Denn Fakt ist auch: Die CSU-Landesgruppenchefin ist oftmals näher am Kurs der Kanzlerin als an dem von Horst Seehofer und seinen Getreuen. Hasselfeldt versucht stets, im Berliner Regierungsalltag die Attacken aus der bajuwarischen Parteizentrale einzufangen, manchmal auszubügeln. Aber auch sie kann meist nicht verhindern, dass München den Ton vorgibt. Und von dort ließ Bayerns Finanzminister Markus Söder wissen: "Die Aussagen der Kanzlerin sind schon beachtlich. Aber natürlich müssen den Worten Taten folgen."
Ja, aber. Das ist die christsoziale Stoßrichtung bei der Bewertung der Merkel-Äußerungen. Während seiner Grundsatzrede zur Flüchtlingspolitik bei der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz soll Seehofer sich laut Teilnehmern ähnlich geäußert haben. Die Worte der Kanzlerin seien zwar bemerkenswert gewesen. Es brauche aber keine Wende bei der Erklärung der Politik, sondern in der Politik selbst. Die Bayern wollen Angela Merkel also nur wenig Ruhe gönnen.
Unterdessen spitzt sich eine andere Angelegenheit für die CSU zu. Es geht um pikante Äußerungen von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, der auch Bundestagsabgeordneter ist. Scheuer hatte vergangene Woche in Regensburg vor Journalisten erklärt: "Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst du nie wieder abschieben." Vertreter von Kirchen hatten Scheuer dafür massiv attackiert.
Hasselfeldt sprang Scheuer zur Seite: Der Satz sei wohl aus dem Zusammenhang gerissen worden. Gleichwohl ergänzte sie: Die Vereine und Kirchen würden einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten. "Das ist Allgemeingut in der ganzen Partei." Aus der CSU war Scheuer vorgeworfen worden, mit seiner Sprache verprelle er christliche Wähler.
Scheuer selbst trat am Dienstag die Flucht nach vorn an: Seine Äußerungen seien fehlinterpretiert worden. Er habe seine "Überspitzung" mit den Worten: "Entschuldigen Sie die Sprache" eingeleitet. Es liege ihm darüber hinaus absolut fern, das Engagement von ehrenamtlichen oder kirchlichen Mitarbeitern in der Flüchtlingshilfe in Frage zu stellen. Ausgestanden ist die Affäre damit aber noch nicht.