Neuer Lügenvorwurf gegen Limburger Bischof
Limburg (dpa) - Der Skandal um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst steuert auf eine Entscheidung zu. Sollte gegen den Bischof ein Strafbefehl wegen Falschaussage ergehen, wäre dies ein Wendepunkt, sagte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch.
Er will den Fall kommende Woche bei einem Treffen mit Papst Franziskus in Rom ansprechen. Das Bistum zog am Freitag überraschend die Ankündigung zurück, Tebartz-van Elst werde sich am Wochenende in einem Brief an die Gläubigen wenden. Gründe wurden nicht genannt.
In dem Bistum treten inzwischen immer mehr Gläubige aus der Kirche aus. Zugleich werden weitere Vorwürfe laut. Der Sprecher des bischöflichen Vermögensverwaltungsrats, Jochen Riebel, bezeichnete Tebartz-van Elst am Freitag als Lügner und Feigling. So habe der Bischof die Unwahrheit gesagt, als er die Kosten für seine Residenz im Juni mit knapp zehn Millionen Euro angegeben habe.
Auch die Behauptung, es habe keine kostspieligen Sonderwünsche gegeben, sei gelogen, sagte Riebel der dpa. Die Kostensteigerung gehe ausnahmslos auf die Wünsche des Bischofs zurück. Allein seine Wohnung mit einem 63 Quadratmeter großen Wohnzimmer habe laut den Unterlagen 2,9 Millionen Euro gekostet. Er werfe dem Bischof vor, dass er dafür nicht die Verantwortung übernehme, „sondern dass er wie ein Feigling auf andere zeigt“. Das Bistum hatte die Baukosten Anfang der Woche auf 31 Millionen Euro beziffert.
Zollitsch mahnte alle Bischöfe zur Bescheidenheit. „Alle spüren, wie bedrückend die Situation geworden ist“, sagte der Erzbischof der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). „Gerade wir Bischöfe müssen uns fragen, wie und wo wir wohnen und leben. Wenn neu gebaut wird, haben wir Möglichkeiten, Zeichen zu setzen.“ Die Enttäuschung der Menschen im Bistum Limburg könne er gut verstehen. „Papst Franziskus lehrt uns allen einfaches Leben, Demut und Bescheidenheit.“
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck legt angesichts der Vorgänge in Limburg das Vermögen des Ruhrbistums komplett offen. „Beim Umgang mit kirchlichen Finanzen ist größtmögliche Transparenz erforderlich“, erklärte Overbeck. Der Bischöfliche Stuhl besitzt demnach nur rund 2,2 Millionen Euro, von denen der Bischof über knapp ein Zehntel frei verfügen könne.
Nach einem Bericht der „Frankfurter Neuen Presse“ wollen Gläubige aus 60 Pfarreien des Bistums eine Gebetsstaffel für einen Ausweg aus der Krise starten. Gleichzeitig habe die Bezirksversammlung den Bischof schriftlich zum Rücktritt aufgefordert, berichtete die Online-Ausgabe der Zeitung. „Unser Ihnen immer wieder entgegen gebrachtes Vertrauen in Ihre Amtsführung ist zerrüttet“, heißt es in einem Brief, der am Freitag überbracht worden sei. Das Bistum bestätigte den Eingang des Schreibens nicht.
Die Justizbehörden in Hamburg und Limburg haben noch nicht über die Vorwürfe gegen den Bischof entschieden. Bei der Limburger Staatsanwaltschaft gingen bis zum Freitag neun Strafanzeigen wegen der Baukosten ein, fünf davon anonym. Behördensprecher Hans-Joachim Herrchen kündigte für die kommende Woche eine Entscheidung darüber an, ob ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue eingeleitet wird.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat gegen den Bischof einen Strafbefehl wegen falscher Versicherung an Eides statt beantragt. Wann das Amtsgericht darüber entscheidet, war am Freitag ebenfalls noch offen. In dem Rechtsstreit geht es um Äußerungen des Bischofs im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien.
Unterdessen kehren immer mehr Gläubige der Kirche den Rücken. „Allein am Donnerstag sind 20 Katholiken ausgetreten. Normalerweise habe ich durchschnittlich einen Austritt alle zwei Tage“, sagte der zuständige Sachbearbeiter im Limburger Amtsgericht, Rüdiger Eschhofen.
Das Verhalten des Kirchenmannes schade der gesamten Glaubensgemeinschaft, kritisierte der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stefan Vesper, im ARD-Morgenmagazin. „Wegen dieser Affäre und wegen dieser Nachrichten von Prunk und Protz treten auch Menschen aus der Kirche aus in Hamburg oder in München.“ Der Sprecher des „Hofheimer Kreises“ von 20 kritischen Pfarrern in Hessen, Ludwig Reichert, sagte: „Bei allen, mit denen ich spreche, herrscht unisono blankes Entsetzen und große Verzweiflung.“
Der Unternehmer Manfred Maus forderte eine „unternehmerische Haftung“ auch für Bischöfe. Der Limburger Bauskandal sei „unternehmerisch unvorstellbar und christlich unfassbar“, sagte der Obi-Mitbegründer und Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer im Erzbistum Köln dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag).