Neuer SPD-Unmut über Sarrazin: „Schizophren“
Berlin (dpa) - Nach erneuten Sticheleien von Thilo Sarrazin regt sich in der SPD neuer Unmut gegen den früheren Berliner Finanzsenator. Als „schizophren“ bezeichnete Bayerns SPD-Landeschef Florian Pronold das Verhalten Sarrazins.
Wer sich in einer Erklärung von seinen Äußerungen zunächst distanziere, um bei der nächstbesten Gelegenheit Menschen erneut zu beleidigen und zu diskriminieren, „ist nicht mehr ganz dicht“, sagte Pronold der Berliner „tageszeitung“ (Donnerstag). „Damit hat er endgültig belegt, dass man ihn nicht mehr ernst nehmen kann“, meinte der SPD-Politiker.
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach Ende des SPD- Ausschlussverfahrens hatte sich Sarrazin am Dienstagabend in Waltrop im Ruhrgebiet gegen die von der SPD geplante Migranten-Quote für Führungsämter ausgesprochen. „Der Verstand kommt oder geht ja nicht damit, dass man Migrant ist“, sagte der Ex-Bundesbanker. Es gebe bereits Vorsitzende mit ausländischen Wurzeln. „Je migrantischer diese Leute eingestellt sind, desto weniger neigen sie dazu, Probleme oder Schwierigkeiten objektiv zu sehen“, meinte Sarrazin weiter.
Ralf Stegner, SPD-Landeschef in Schleswig-Holstein, sagte der Zeitung: „Thilo Sarrazin ist der Letzte, von dem wir uns in Sachen Integrationspolitik Ratschläge geben lassen.“ Stegner erneuerte seine Forderung nach einem freiwilligen Parteiaustritt Sarrazins. Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt fordert die SPD auf, sich inhaltlich mit dem Thema Integration auseinanderzusetzen. „Mich interessiert nicht, was ein frustrierter Ex-Bundesbanker sagt, der nur sein strohdummes Buch verkaufen möchte.“
Der Verbleib Sarrazins in der Partei hat die SPD-Wähler gespalten. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins „Stern“ halten es 49 Prozent für richtig, dass Sarrazin Mitglied bleiben darf. 38 Prozent sprachen sich für den ursprünglich von der Parteiführung angestrebten Parteiausschluss aus.
Klarer ist die Stimmung in der Gesamtbevölkerung: Der Umfrage zufolge sind 54 Prozent der Bundesbürger für den Verbleib Sarrazins in der SPD, 29 Prozent dagegen.