Neues NPD-Verbotsverfahren rückt näher
Berlin (dpa) - Ein neuer Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren zeichnet sich ab. Mit der Ankündigung Niedersachsens, für die Einleitung zu stimmen, lichten sich bei den Ländern die Reihen der Skeptiker.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die Innenministerkonferenz werde sich nächste Woche für einen neuen Antrag aussprechen. Die anstehende Entscheidung sei extrem sorgfältig vorbereitet worden, hieß es am Freitag aus Kreisen des Bundesinnenministeriums. Inzwischen lägen 2649 Belege gegen die rechtsextremistische Partei vor.
2003 war ein erster Anlauf in Karlsruhe missglückt: Das Verfahren zu den NPD-Verbotsanträgen von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat war damals eingestellt worden, weil V-Leute des Verfassungsschutzes bis in die Führungsebene der Partei tätig waren. An diesem Mittwoch beraten die Innenminister in Rostock-Warnemünde über einen neuen Anlauf. Am Donnerstag diskutieren die Ministerpräsidenten in Berlin darüber.
Bund und Länder haben eine etwa 1000-seitige Materialsammlung mit belastenden Belegen zur NPD zusammengestellt. Aus den Kreisen des Bundesinnenministeriums hieß es, in der Argumentation blieben keine Punkte offen. Die rechtliche Lage sei sorgfältig untersucht worden. Die V-Leute in den Führungsriegen der NPD seien abgeschaltet. Die Pflicht sei es aber, neben den Chancen auch die Risiken zu benennen. Dazu gehöre neben den strengen Verfahrensvoraussetzungen auch die Abwägung der politischen Folgen.
„Es gibt Chancen und Risiken in diesem Verfahren, gar keine Frage“, sagte Jäger. „Aber es gibt nicht mehr diese Risiken wie 2003, als man eigentlich völlig unvorbereitet und fehlerhaft in das Verfahren gegangen ist.“ Die V-Mann-Problematik sei gelöst. Die Innenminister seien einig in der Auffassung, dass es sich bei der NPD um eine verfassungsfeindliche, antidemokratische, rassistische Partei handle. Das sei in der Materialsammlung „lückenlos aufbereitet“.
Niedersachsen hatte am Donnerstag angekündigt, bei den Sitzungen von Innenministern und Ministerpräsidenten für die Einleitung eines Verbotsverfahrens zu stimmen. Bislang hatte sich das Land bedeckt gehalten oder skeptisch gezeigt. Zuletzt hatte noch Hessen ein neues Verbotsverfahren klar abgelehnt. Ansonsten gibt es in den Ländern viele Fürsprecher für ein Verbot.
SPD-Bundestagsfraktionsvize Christine Lambrecht begrüßte das Einlenken des CDU-geführten Niedersachsen. Die Regierung dort solle nun auch die Zweifler und Skeptiker in den eigenen Reihen überzeugen, bis hin zu Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Dieser hielt sich mit einer konkreten Positionierung bislang zurück. Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland warf Friedrich Unentschiedenheit vor.
Angesichts der sich abzeichnenden Zustimmung der Innenminister fürchten die Grünen, dass der Bundestag durch einen Länderbeschluss unter Zugzwang kommt. Sie fordern, dass das Parlament erst dann darüber entscheidet, wenn die Abgeordneten das umfangreiche Material von Bund und Ländern selbst prüfen konnten. Fraktionschefin Renate Künast warnte, ein neuerliches Scheitern in Karlsruhe wäre ein grandioser Erfolg der NPD.
Der Bundesvorsitzende der NPD, Holger Apfel, befürwortet einen Verbotsantrag gegen seine Partei. „Es gibt nichts unbefriedigenderes als ein fortwährendes Damoklesschwert eines Verbotes“, sagte Apfel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag). Er gehe gleichwohl von einem Scheitern des Verbotsverfahrens aus - spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHfM) in Straßburg.