Asylbewerber sollen annähernd Hartz IV bekommen
Berlin (dpa) - Asylbewerber in Deutschland sollen nach Plänen der Bundesregierung mehr Geld bekommen. Ausgenommen werden aber Menschen aus Ländern, die nicht für politische Verfolgung bekannt sind, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Freitag.
Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums handelt es sich bei den Überlegungen lediglich um einen Arbeitsentwurf. Gleichwohl reagierten Opposition und Sozialverbände mit scharfer Kritik.
Nach dem Bericht sollen Asylbewerber künftig fast so viel Unterstützung bekommen wie Hartz-IV-Empfänger. Damit würden die Zuwendungen im Asylbewerber-Leistungsgesetz erstmals seit fast 20 Jahren angehoben. Zugleich müssen die Asylsuchenden aber schneller mit Sanktionen rechnen. Die Hilfe soll möglichst als Sachleistung verteilt werden, beispielsweise als Essenspaket. Die schwarz-gelbe Koalition folgt mit ihren Plänen einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli.
Die Karlsruher Richter hatten festgestellt, dass die seit 1993 unveränderten Leistungen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen. Die Richter ordneten eine Übergangsregelung an: Flüchtlinge und andere Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht müssen demnach in etwa so viel Geld bekommen wie Empfänger von Hartz IV oder Sozialhilfe. Betroffen sind rund 130 000 Menschen.
Eine Sprecherin des zuständigen Bundesarbeitsministeriums sagte, der Entwurf solle jetzt zügig in die Ressortabstimmung gehen. Einen Zeitplan nannte sie aber nicht. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte zuvor angekündigt, den Zustrom aus Serbien und Mazedonien eindämmen zu wollen. Nach Ansicht Friedrichs handelt es sich vor allem um Wirtschaftsflüchtlinge. Für diese Menschen will Friedrich niedrigere Regelsätze einführen. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass unter ihnen vor allem Roma sind, die vor schlechten Lebensbedingungen in ihrer Heimat fliehen.
Der Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, bewertete die Vorschläge als „evident verfassungswidrig“. „Die Leistungen sind nicht ein bisschen zu erhöhen und mit Sanktionen zu versehen, sondern müssen auf das menschenwürdige Existenzminimum erhöht werden, ohne Wenn und Aber“, betonte Beck. Es sei absurd, dass die Regierung alle weiteren diskriminierenden Regelungen des Asylbewerber-Leistungsgesetzes wie die Residenzpflicht nicht anpacke.
Die Organisation Pro Asyl erklärte, die Bundesregierung wolle das Urteil des Verfassungsgerichts unterlaufen und Wahlkampf auf dem Rücken von Asylsuchenden machen. Der Gesetzentwurf sei die „rechtliche Umsetzung der populistischen Stimmungsmache gegen Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien“.
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Pläne als absolut unzureichend und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Insbesondere die geplante pauschale Kürzung der Leistungen für Asylbewerber aus sogenannten sicheren Herkunftsländern ignoriere auf dreiste Weise die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hatte, erklärte der Verband. Er forderte die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine Aufhebung des Arbeitsverbotes für die Betroffenen.
Erst am Donnerstag hatte die Opposition im Bundestag der Regierung Verfassungsbruch vorgeworfen, weil Schwarz-Gelb das Urteil noch nicht umgesetzt hatte. Die Mehrheit der Koalition lehnte eine Abschaffung des umstrittenen Asylbewerber-Leistungsgesetzes ab.