Arbeitsmarkt steht vor einem schweren Winter
Die rosigen Zeiten sind vorbei. Nächstes Jahr mehr als drei Millionen Arbeitslose?
Nürnberg. Für die einen sind es die Vorboten der Krise und das „Ende der fetten Jahre“, andere sehen in der stagnierenden November-Arbeitslosigkeit einen „Beleg für die Stabilität des Arbeitsmarktes“. Selten haben Arbeitsmarktzahlen das politische Berlin derart gespalten wie am Donnerstag. Die extrem unterschiedlichen politischen Deutungen offenbaren die wachsende Schwierigkeit, das Zahlenwerk mit 2,751 Millionen Jobsuchern (2000 weniger als im Oktober) plausibel einzuordnen.
Klar ist lediglich: Der deutsche Arbeitsmarkt steht nach einem drei Jahre dauernden Aufschwung am Wendepunkt. Die Zeiten eines rasanten Abbaus von Arbeitslosigkeit sind vorbei. Noch entstehen neue Jobs, aber nicht mehr so viele wie vor ein oder zwei Jahren. Noch gibt es etliche freie Stellen, das Angebot ist aber längst nicht mehr so groß wie 2010 und 2011. Und noch ist die Arbeitslosigkeit auf einem rekordverdächtig niedrigen Niveau. In den nächsten Monaten wird sich die Lage aber eintrüben.
Mehrere Bankenvolkswirte jedenfalls sehen den deutschen Arbeitsmarkt vor einem schweren Winter. Obwohl sich in der Wirtschaft bereits wieder Optimismus breitmacht, bekomme der Arbeitsmarkt demnächst — zeitversetzt um ein paar Monate — die aktuellen Auftragsprobleme vieler Unternehmen zu spüren. Die Arbeitsmarktexperten gehen davon aus, dass die flaue Konjunktur in der ersten Jahreshälfte 2013 für mehr als drei Millionen Arbeitslose sorgen wird. Aber selbst die eher pessimistischen Fachleute halten das für eine Delle denn für eine schwerwiegende Krise.
Mit den wachsenden Absatzproblemen, unter denen derzeit manche Autohersteller und Autozulieferer zu kämpfen haben, wird derweil die Forderung nach einer längeren Auszahlung des Kurzarbeitergeldes immer lauter. Nach Ansicht des neuen Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger, sollte das Kurzarbeitergeld bis zu zwei Jahre lang gezahlt werden. Nur so könnten Arbeitsplätze gesichert und Deutschland krisenfester gemacht werden, fordert er.
Für den Arbeitgebervertreter im BA-Verwaltungsrat, Peter Clever, würde es schon reichen, wenn der Bundestag der Bundesregierung grünes Licht dafür gäbe, die Öffnung der Kurzarbeiterregelung auf dem Verordnungswege zu erlauben. Das würde der Bundesregierung im Krisenfall ermöglichen, schnell auf eine Krise zu reagieren, statt erst ein extra Gesetz erlassen zu müssen. „Firmen können nicht vier Wochen warten, bis die erweiterte Kurzarbeiterregelung durch den Bundestag ist“, begründete Clever seinen Vorschlag.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sperrt sich noch strikt gegen eine längere Auszahlung von Kurzarbeitergeld. Zurzeit sehe sie noch keinen Handlungsdruck. Im BA-Verwaltungsrat vermutet man ganz andere Motive hinter der ablehnenden Haltung der Ministerin: Sie wolle anscheinend jeden Eindruck vermeiden, dass Deutschland im Jahr der Bundestagswahl vor einer Jobkrise stehen könnte.