NSU-Ausschuss fordert Konsequenzen - Zschäpe-Prozess gewinnt Fahrt
Berlin/München (dpa) - Polizisten sollen bei Gewalt gegen Migranten künftig genauer hinschauen: Fachleute haben bei der letzten öffentlichen Sitzung des Untersuchuchungsausschusses im Bundestag weitreichende Konsequenzen aus der NSU-Mordserie gefordert.
Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer, Barbara John, will, dass die Polizei bei Übergriffen auf Migranten künftig immer einen rechtsextremen Hintergrund prüft.
Die Obleute der Fraktionen im Ausschuss bescheinigten den Sicherheitsbehörden am Donnerstag Totalversagen im Fall NSU. Vor dem Münchner Oberlandesgericht kommt indes die juristische Aufarbeitung der Morde langsam, aber zielstrebig zur Sache.
Der Bundestag hatte den Untersuchungsausschuss Ende Januar 2012 eingesetzt, um die Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU aufzuarbeiten. Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ werden zehn Morde zur Last gelegt - an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin.
Nachrichtendienste und Polizei waren der Bande jahrelang nicht auf die Spur gekommen. „Das war eines Rechtsstaates unwürdig. Und das darf sich nicht wiederholen“, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD).
Nun geht es um die Folgen. Der Untersuchungsausschuss wird in seinem Abschlussbericht Vorschläge machen, welche Lehren aus dem Fehlern im Fall NSU zu ziehen sind. John mahnte, von dem Ausschuss müsse ein starkes Signal ausgehen. Sie forderte ein neues Institut gegen Rassismus und eine Stiftung zur Erinnerung an den rechten Terror.
Der Untersuchungsausschuss wird in den kommenden Monaten hinter verschlossenen Türen an dem Bericht arbeiten. Der Bundestag soll darüber am 3. September beraten.
Im NSU-Prozess in München kündigten die Angeklagten Holger G. und Carsten S. an, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Die beiden hatten sich schon während der Ermittlungen umfassend ausgesagt - sie befinden sich in einem Zeugenschutzprogramm. „Wir sind sehr gespannt, diese Aussagen zu hören“, sagte Opferanwalt Thomas Bliwier.
Die Anwälte der Hauptangeklagten Beate Zschäpe erklärten hingegen erneut, ihre Mandantin werde keine Aussage machen. Auch André E. will sich nicht vor Gericht äußern. Die Anwältin von Ralf Wohlleben kündigte eine Erklärung der Verteidiger an.
Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl drückte am Donnerstag merklich aufs Tempo und verhandelte über einen Antrag nach dem anderen. Nun steht fest, dass der Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße nicht aus dem Prozess ausgekoppelt werden soll. Der Senat lehnte auch eine Reihe weiterer Anträge ab, darunter den Wunsch zahlreicher Beteiligter nach einer Ton- oder Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung. Der Prozess um die Terroranschläge des NSU soll am 4. Juni fortgesetzt werden.