NSU-Prozess ausgebremst: Keine Aussagen zur Tatwaffe
München (dpa) - Ein Zeuge sagte nichts, der zweite meldete sich krank: Der NSU-Prozess ist am Mittwoch ausgebremst worden. Eigentlich wollte sich das Münchner Oberlandesgericht mit der Frage nach der Tatwaffe beschäftigen, der Pistole vom Typ Ceska 83, mit der neun Menschen erschossen wurden.
Zwei wichtige Zeugen aber sagten nicht aus. Ein 40-Jähriger, der früher in einem rechten Szeneladen gearbeitet hatte und die Pistole an den Angeklagten Carsten S. verkauft haben soll, kann nach Ansicht des Gerichtes von einem „umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht“ Gebrauch machen - weil er sich sonst womöglich selbst belastet.
Es bestehe ein Anfangsverdacht wegen Beihilfe zum Mord und somit die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung, hieß es. „Da würde ich mich mit meinem Anwalt beraten, bevor ich hier mich selber 'reinreite“, sagte der Zeuge nach seiner Belehrung durch den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Bis zum kommenden Montag soll er dem Gericht nun einen Rechtsanwalt nennen.
Den Antrag zu dieser Belehrung, die über die herkömmliche, die das Gericht vor jeder Vernehmung verliest, hinausgeht, hatte die Verteidigung des Angeklagten Ralf Wohlleben gestellt. Er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt ist.
Auch der Besitzer des Szeneladens, der ebenfalls in den Kauf der Tatwaffe verwickelt sein soll, sagte am Mittwoch nicht vor Gericht aus. Er meldete sich kurz vor seinem geplanten Auftritt krank. Ein Anruf des Gerichtes bei seinem Arzt habe ergeben, dass er tatsächlich in Behandlung gewesen sei, sagte Richter Götzl. Der Mann hatte seine Aussage bereits in der vergangenen Woche begonnen, sich aber immer wieder auf Erinnerungslücken berufen. Der Vorwurf der Aussageverweigerung steht im Raum.
Vor allem Nebenkläger nutzen die Zeit, um verschiedene Beweisanträge zu stellen. So forderten mehrere von ihnen, weitere Akten hinzuzuziehen, um der Frage nachzugehen, ob der hessische Verfassungsschutz Einfluss auf die Polizeiarbeit bei der Aufklärung des Kasseler Mordfalls genommen hat. Außerdem wurde gefordert, ein Gutachten, das dem Magazin „Stern“ vorliegt, als Beweismittel zuzulassen. Zwei von dem Magazin beauftragte Sprachwissenschaftler gehen „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ davon aus, dass die Hauptangeklagte Beate Zschäpe Co-Autorin des NSU-Manifestes war, das die verbrechen der Terrorgruppe ideologisch untermauern sollte.
Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) wird die Ermordung von neun türkisch- und griechischstämmigen Einwanderern und einer deutschen Polizistin zwischen 2000 und 2007 zur Last gelegt. In neun Fällen war die Ceska die Tatwaffe. Zschäpe ist die einzige Überlebende des Trios.