Rente Ost und West: Regierung beschließt Renteneinheit
Anhebung der Ost-Renten auf Westniveau kostet knapp 20 Milliarden Euro
Berlin. Fast drei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung sollen nun auch die Renten zwischen Ost und West vereinheitlicht werden. Nach langem Streit will das Bundeskabinett am Mittwoch dazu einen Gesetzentwurf beschließen. Er liegt unserer Redaktion vor.
Immerhin knapp 20 Milliarden Euro kostet demnach die Operation bis zur vollständigen Rentenangleichung im Jahr 2025. Zur Kasse gebeten werden vornehmlich die Beitragszahler. Steuergelder fließen dafür erst ab 2022.
Zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung waren die Löhne, die den Renten zugrunde liegen, in Ostdeutschland deutlich niedriger als in der alten Bundesrepublik. Nach westdeutschem Recht wäre die Rente im Osten deshalb nur halb so hoch ausgefallen wie die eines westdeutschen Durchschnittsverdieners. Um das zu verhindern, wurde eine Übergangsregelung beschlossen. Mit einer raschen Lohnangleichung sollte sich das Problem dann gewissermaßen von selbst lösen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Der Durchschnittlohn im Osten liegt aktuell nur bei 87,1 Prozent des Westniveaus.
Ein entscheidender Faktor ist der sich Jahr für Jahr verändernde Rentenwert. Das ist ein Euro-Betrag, den ein rentenverischerungspflichtiger Durchschnittsverdiener für ein Arbeitsjahr auf seinem Rentenkonto gut geschrieben bekommt. Verdient er mehr, erhöht sich der Anspruch auf Basis des Rentenwerts, verdient er weniger, schrumpft der Anspruch entsprechend. Wegen des unterschiedlichen Lohnniveaus gibt es auch zwei unterschiedliche hohe Rentenwerte. Derzeit sind es 28,66 Euro im Osten und 30,45 Euro im Westen. Im Jahr 1991 lagen diese Werte umgerechnet noch bei 10,79 Euro beziehungsweise 21,19 Euro. Die Zahlen verdeutlichen den deutlichen Aufholprozess bei den Löhnen seit der Wiedervereinigung. Legt man jedoch die Geschwindigkeit der letzten zehn Jahre zugrunde, gäbe es auch bis 2030 noch keine vollständige Rentenangleichung.
Wie soll die Angleichung erfolgen?
Ursprünglich wollte die Bundesregierung die komplette Renteneinheit in zwei Schritten bis zum Jahr 2020 herstellen. Aus Kostengründen wurden daraus sieben Schritte bis 2025. Bis dahin wird der Rentenwert Ost an den im Westen angeglichen. Und zwar zusätzlich zu den ohnehin fälligen jährlichen Rentenanpassungen. Ausgangspunkt ist der aktuelle Rentenwert Ost. Er liegt bei 94,1 Prozent des Westwerts. Unabhängig von der Lohnentwicklung steigt der Ostwert erstmals zum 1. Juli 2018 auf 95,8 Prozent des Westwerts. Die weiteren Angleichungsschritte folgen um jeweils 0,7 Prozent in den Jahren 2019 bis 2024.
Ja, das ist die jüngere Generation der Beschäftigten im Osten. Denn mit der Angleichung des Rentenwerts wird in gleichem Maße ein bis heute immer noch weitgehend unbekannter Faktor bei der Rentenberechnung abgeschmolzen, nämlich die Höherbewertung der Ost-Löhne. Dieser Faktor war als Ausgleich für das niedrigere Lohnniveau im Osten gedacht. Aktuell liegt er noch bei 15 Prozent. Wer also zum Beispiel in Dresden 1000 Euro verdient, wird rentenrechtlich so behandelt, als käme er auf 1150 Euro im Monat. Jeder Euro, der im Osten in die Rentenkasse eingezahlt wird, führt damit zu einem höheren Rentenanspruch als im Westen. Derzeit sind es rund acht Prozent mehr. Fällt dieser Vorteile schrittweise weg, schlagen die schlechteren Löhne der Erwerbstätigen im Osten auch stärker bei ihren späteren Renten durch. Die Verbesserungen für die ostdeutschen Bestandsrenter werden also durch eine Schlechterstellung künftiger Rentner im Osten erkauft.