Rot-Rot-Grün und Schwarz-Gelb Parteien loten Koalitionsoptionen aus
Berlin (dpa) - Fünf Monate vor der Bundestagswahl wollen Vertreter der Noch-Regierungspartner Union und SPD neue Koalitionsoptionen ausloten.
Für die letzten Aprilwoche haben sowohl die Organisatoren eines rot-rot-grünen Gesprächskreises als auch jene einer schwarz-gelben Diskussionsrunde zu Strategiediskussionen eingeladen. Am Rande der ersten Plenarwoche des Bundestages nach den Osterferien dürfte es dabei neben einem Abtasten der inhaltlichen Gemeinsamkeiten auch um Signale an die eigene Anhängerschaft gehen.
Nach der Absage der Wähler an Rot-Rot im Saarland und dem jüngsten Liebäugeln von SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz mit der FDP werden beide Gesprächsrunden mit Spannung erwartet. Nach der Bundestagswahl am 24. September könnte eine Situation entstehen, in der beide großen Parteilager - Union und SPD - auf Bündnisse mit zwei kleinen Partnern angewiesen sind, wollen sie wie angekündigt eine Neuauflage der großen Koalition vermeiden. Für die SPD kommen dabei neben Linken und Grünen (R2G) auch die Freidemokraten in Frage. Letzteres gilt auch für die Union, nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Koalition mit Grünen und FDP nicht ausschließen dürfte.
SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer kündigte für den 25. April eine weitere Gesprächsrunde mit Vertretern von SPD, Linken und Grünen über eine rot-rot-grüne Koalition an. Zu dem Kreis seien der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) eingeladen, sagte Schäfer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Von Ramelow und Müller wolle man hören, welche Erfahrungen sie mit den von ihnen angeführten rot-rot-grünen Koalitionen gemacht hätten.
An dem sogenannten Trialog in Räumen des Bundestags werden laut Funke-Zeitungen die Vize-Regierungschefs von Berlin und Thüringen teilnehmen, Ramona Pop und Anja Siegesmund (beide Grüne). „Wir wollen unabhängig von Wahlterminen nach inhaltlichen Übereinstimmungen suchen und persönliches Vertrauen aufbauen“, sagte Schäfer. Bisherige Gespräche seien ermutigend in Inhalt und Umgang gewesen. Er zeigte sich mit Blick auf ein Linksbündnis zuversichtlich: „Ich schätze die Chancen für Rot-Rot-Grün nach der Bundestagswahl auf 50 zu 50.“
Für den 26. April hat der neue CDU-Wahlkampfmanager Peter Altmaier Politiker von CDU, CSU und FDP zu einem Treffen des schwarz-gelben Gesprächskreises „Kartoffelküche“ eingeladen. Für die FDP habe unter anderem Generalsekretärin Nicola Beer zugesagt, schreibt das Nachrichtenmagazin „Focus“. Auf Unionsseite wollten Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz, Fraktionsvize Ralph Brinkhaus und der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung MIT, Carsten Linnemann, (alle CDU) an dem Treffen teilnehmen.
Der Gesprächskreis „Kartoffelküche“ hatte sich Anfang 2014 nach dem Ende der schwarz-gelben Koalition im Jahr 2013 formiert. Die Runde war vom damaligen Finanz-Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) und dem früheren Parlamentarischen Geschäftsführer der damaligen FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke, ins Leben gerufen worden. Kampeter ist inzwischen Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.
Um Kanzleramtschef Altmaier hatte es in den vergangenen Tagen koalitionsinternen Wirbel gegeben, nachdem er von Merkel beauftragt worden war, federführend das Wahlprogramm der Christdemokraten zu schreiben. Führende Politiker von SPD und FDP kritisierten, dies sei eine unzulässige Verquickung von Partei- und Regierungsarbeit.
Altmaier sagte dem Magazin „Focus“: „Die aufgescheuchten Reaktionen haben mich sehr gefreut, denn sie zeigen, wie groß die Verunsicherung und der Respekt vor meiner Person beim politischen Gegner sind.“ Juristische Bedenken wies er zurück: „Es ist jahrzehntelange Staatspraxis, dass Kanzler und Minister auch Verantwortung in ihren Parteien übernehmen.“ Altmaier verwies auf Sigmar Gabriel, der jahrelang SPD-Chef, Vizekanzler und Wirtschaftsminister war.
Im ARD-Deutschlandtrend vom Freitag liegen die CDU/CSU und Kanzlerin Angela Merkel wieder klar vor der SPD und ihrem Vorsitzenden Martin Schulz. In der Sonntagsfrage (Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre) kam die Union auf 34 Prozent (plus 2 Punkte), die SPD auf 31 Prozent (plus/minus 0). Die Grünen blieben bei 8 Prozent, die Linke verlor einen Punkt auf 7 Prozent. Bei AfD (11 Prozent) und FDP (6 Prozent) gab es keine Veränderung.