Politik will Vereine stärker in Pflicht nehmen

Schwerin (dpa) - Nach den fortwährenden Fanausschreitungen im deutschen Fußball drängen die Innenminister der Länder Vereine und Verbände zum Handeln.

„Die Verantwortlichen haben zu lange die Augen vor den Realitäten verschlossen und das Problem gewaltbereiter Fans verniedlicht“, stellte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa fest. Er kündigte für das Ministertreffen von Mittwoch bis Freitag im mecklenburgischen Ferienort Göhren-Lebbin eine intensive Debatte zu dem Thema an. „Wir werden uns vom DFB und der DFL keine Denkverbote vorschreiben lassen, schließlich geht es um die Sicherheit von Besuchern und Spielern“, betonte Caffier. Er hoffe sehr, dass sich die Ressortchefs auf ein Maßnahmenpaket verständigen werden.

Caffier, derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz, sieht die Vereine in der Pflicht, ihre Stadien technisch so auszurüsten, dass notorische Störer nach Stadionverboten effektiv ferngehalten und Gewalttäter für die Strafverfolgung klar identifiziert werden können. „Mit den neuen Fernsehverträgen fließt sehr viel Geld an die Vereine. Das sollte nun nicht nur in Fußballerbeine investiert werden, sondern beispielsweise auch in bessere Kontrollsysteme an den Eingängen oder Videokameras“, erklärte Caffier.

Die Verantwortung für die Sicherheit im Stadion könne nicht an die Gesellschaft weitergereicht werden. „Die Zuständigkeit der Verantwortlichen im Fußball beschränkt sich nicht auf Spielansetzungen und das Strafmaß für Rotsünder. Es liegt im eigenen Interesse des Fußballs, dass die große Mehrzahl der friedlichen Besucher ohne Angst ins Stadion gehen kann.“ Das Skandalspiel von Düsseldorf, bei dem abermals Feuerwerkskörper abgebrannt wurden und Hunderte Fans vor dem Abpfiff das Spielfeld stürmten, habe die Notwendigkeit zum Handeln deutlich gezeigt.

„Da sind wir alle mit einem blauen Auge davongekommen. Ich wage mir nicht auszumalen, was da hätte passieren können“, sagte Caffier. Nicht in einem noch größeren Polizeiaufgebot könne die Lösung liegen, sondern in einem entschiedeneren Vorgehen der Verantwortlichen im Fußball. „Das fängt damit an, dass sich Vereinsführungen klar von Chaoten distanzieren und nicht nach Begründungen und Relativierungen suchen“, betonte Caffier. Auch die Abschaffung der Stehplätze - wie etwa in England - dürfe kein Tabu sein. Vom Deutschen Fußballbund (DFB) und der Deutschen Fußballliga (DFL) wünsche er sich auch da Gesprächsbereitschaft.

Für seinen Vorschlag, notorische Gewalttäter mittels Gesichtsscanner aus Fußballstadien fernzuhalten, war Caffier von Verbandsverantwortlichen scharf kritisiert worden. Er will dennoch alle technischen Möglichkeiten prüfen, von denen das Gesichtsscanning eine unter mehreren sei, um die Gewalt aus den Fußballstadien zu verbannen. Bei allen Negativschlagzeilen machen die gewaltbereiten Gruppierungen nach Schätzung des Ministers aber deutlich weniger als ein Prozent der Fußball-Besucher aus.