Politikerfrauen mit berühmten Nachnamen: Bonus oder Hypothek?
Doris Schröder-Köpf und Michelle Müntefering streben in die Politik. Helfen ihnen dabei ihre bekannten Männer?
Herne. Berlin ist für Michelle Müntefering vertrautes Terrain. Als Journalistin hat sie dort für das Partei-Organ „Vorwärts“ geschrieben, als wissenschaftliche Mitarbeiterin war sie im Bundestag für die SPD-Fraktion.
Nun tritt die 32-Jährige aus Herne bei der Bundestagswahl für die Partei an. Ihr Name ist deutschlandweit längst bekannt: 2009 heiratete sie den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering.
Sie ist nicht die einzige prominente Politiker-Frau, die es in die Politik zieht. In Hannover kandidiert Doris Schröder-Köpf, Gattin von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, im Januar für die SPD für den niedersächsischen Landtag. Das Problem beider Frauen: Die Gatten sichern Aufmerksamkeit, beide kämpfen aber, um nicht als „Frau von“ zu gelten.
Dieses Schicksal teilen sie mit Politiker-Gattinnen weltweit. Selbst bei der scheidenden US-Außenministerin Hillary Clinton wird bis heute immer wieder darauf hingewiesen, dass sie die Gattin von Ex-Präsident Bill Clinton ist — obwohl sie ihre politische Eigenständigkeit mehr als bewiesen hat.
Andere Frauen engagieren sich ohne den bekannten Familiennamen erfolgreich in Politik. Ein Beispiel ist die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier, Tochter des langjährigen CSU-Chefs und bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) trägt nicht den Namen ihres Vaters, des früheren Ministerpräsidenten Niedersachsens Ernst Albrecht.
Michelle Müntefering legte ihren Mädchennamen Schumann bei der Hochzeit ab. „Das war eine ganz private Entscheidung“, sagt die gelernte Kinderpflegerin. „Da kommt die Frau vom Franz“, hieß es aber oft, gerade vor dem Kampf um die Kandidatur für den als SPD-Hochburg geltenden Wahlkreis Herne/Bochum II. „Den Genossen in Herne war ich ja lange vor der Hochzeit bekannt. Bei den Delegierten in Bochum war das vielleicht etwas anderes“, sagt Müntefering.
Angetreten wäre sie aber auch ohne die Liebe zu dem 72-Jährigen. Als 2009 aus Frau Schumann Frau Müntefering wurde, hatte sie sich längst durchgesetzt in der Partei. Seit 2002 ist sie stellvertretende Vorsitzende. Später kamen Ämter auf Landesebene dazu.
Auch Doris Schröder-Köpf hat Durchsetzungsvermögen bewiesen. Nach diversen innerparteilichen Machtkämpfen steht sie auf Platz zwölf der Landesliste — angesichts jüngster Umfragewerte der SPD eine sichere Position. Im Wahlkampf verzichtet die Ex-Journalistin auf politische Unterstützung ihres Mannes. „Das schaffe ich allein.“
Politik-Experte Norbert Kersting von der Uni Münster sieht beide Frauen in der Zwickmühle. „Der Verdacht der Vetternwirtschaft schwingt natürlich immer mit“, sagt Kersting. Er schränkt aber ein: „Ich sehe das bei beiden Frauen nicht so. Schröder-Köpf und Müntefering sind starke Persönlichkeiten.“