Politischer Aschermittwoch: Sprücheklopfer mit angezogener Handbremse

Der politische Aschermittwoch fällt in diesem Jahr dürftig aus. Grund sind die Krise in der Ukraine und die große Koalition.

Politischer Aschermittwoch: Sprücheklopfer mit angezogener Handbremse
Foto: LUKAS BARTH

Passau. Der politische Aschermittwoch kann etwas Feines sein. Spitzen, Sprüche, Kampfansagen.

Bloß, wenn in diesem Jahr („heuer“) schon lauter Preußen (Preißn) reden, wie der Schleswig-Holsteiner Wolfgang Kubicki bei der FDP in Dingolfing, der Niedersachse Bernd Lucke bei der AfD in Osterhofen, der Rheinländer Martin Schulz bei der SPD in Vilshofen oder die Thüringerin Katrin Göring-Eckardt in Sulzberg, dann kann das natürlich nichts werden.

Und wenn der christsoziale Löwe Horst Seehofer außerdem gar nicht brüllen mag, weil er Rücksicht auf die große Koalition in Berlin nimmt, erst recht nicht.

Der diesjährige politische Aschermittwoch ist also eher eine müde Veranstaltung bei allen Parteien und in allen Sälen geworden. Und das ist schon deshalb gut so, weil in Europa gerade Krieg droht. Angela Merkel lässt ihren geplanten Auftritt am Abend in Demmin kurzfristig absagen. Alles andere wäre wohl auch nicht gut angekommen.

Bei der CSU in Passau spürt man den Unterschied zum Vorjahr am deutlichsten. Kaum Transparente, keine Keilereien gegen Grüne oder Sozialdemokraten. Die Gegner sind sowieso allesamt bei den Wahlen im Herbst zerdrückt worden.

Nicht mal am Fall Edathy arbeiten sich die Christsozialen ab. Ex-Minister Hans-Peter Friedrich wird zwar lobend von Seehofer erwähnt, aber das ist kaum mehr als ein feuchter Händedruck von der wie immer weiß-blau gestalteten Bühne. Keine Forderungen nach Satisfaktion an den Koalitionspartner, der Friedrich auf dem Gewissen hat.

Nur beim Thema Stromtrassen will der CSU-Chef von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erst mal mehr Fakten sehen. „Wir wollen keine Trassen, mit denen bloß Kohlestrom nach Bayern transportiert wird“, ruft er aus. Was bleibt da noch? Selbstbeweihräucherung.

Horst Seehofer treibt sie auf eine peinliche Spitze, als er sagt, er möchte doch mal erwähnen, dass 76 Prozent der Bürger bei einer Umfrage gemeint hätten, dass sie mit seiner Arbeit zufrieden seien. Dann schwenkt er auf die Ukraine: „Jetzt ist die Stunde Europas.“ So richtig passt das nicht zusammen, hat doch Peter Gauweiler kurz zuvor gegen Brüssel gewettert.

Aber wenn es ums Sprücheklopfen geht, machen heuer die Oppositionsparteien die Meisterschaft unter sich aus, was Franz-Josef Strauss zweifellos nie zugelassen hätte. Bernd Lucke von der AfD siegt mit einem vergifteten Lob auf Seehofer, der bekanntlich ein uneheliches Kind in Berlin alimentiert: „Ich freue mich, das ich heute hier bin“, sagt der Preuße frech.

„In dem Bundesland, wo traditionelle Familienwerte noch hochgehalten werden — von Ihrem Ministerpräsidenten sogar an verschiedenen Standorten.“