8,5 Millionen Euro Prüfer spüren Millionen-Überweisungen des Bremer Bamf nach

Berlin (dpa) - In der Affäre um manipulierte Asylentscheide untersucht die Bundesregierung jetzt auch Geldabflüsse aus den vergangenen Jahren.

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Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen soll herausfinden, wo 8,5 Millionen Euro gelandet sind, die von der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) an auswärtige Stellen überwiesen wurden.

FDP und AfD halten auch nach den Erläuterungen von Innenminister Horst Seehofer (CSU) an ihrer Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zu der Asylbehörde fest.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums betonte in Berlin, es sei noch keineswegs sicher, dass dieses Geld unrechtmäßig abgeflossen sei. Um dies aber auszuschließen, habe Seehofer angeordnet, „diese Buchungsvorgänge genau zu prüfen“. Ungewöhnlich ist wohl, dass die frühere Bremer Behördenleiterin selbst viele Zahlungen veranlasst hatte. Hinweise darauf, dass sie Geld in die eigene Tasche gesteckt hat, gibt es aber bislang nicht.

Dem Vernehmen nach wurde das Geld unter der Leitung der inzwischen abberufenen Bremer Amtsleiterin Ulrike B. über einen Zeitraum von elf Jahren überwiesen - unter anderem an Anwaltskanzleien. Der Fall könnte auch eine zweite Bremer Behörde betreffen, hatte Seehofer am Dienstag nach der Sitzung des Bundestags-Innenausschusses gesagt. Ob auch Anwälte, deren Asylfälle im Zusammenhang mit manipulierten Asylakten in Bremen zuletzt überprüft worden waren, zu den Empfängern zählen, blieb unklar.

Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ulrike B. wegen mehr als 1200 Asylverfahren, die unter ihrer Leitung ohne Beachtung der Vorschriften positiv entschieden worden sein sollen. Die Staatsanwaltschaft und die Bamf-Leitung gehen außerdem der Frage nach, welche Rolle weitere Mitarbeiter und die Anwälte der Antragsteller spielten.

Der Innenausschuss hatte am Dienstag am Ende einer Sondersitzung mit Seehofer und Bamf-Chefin Jutta Cordt beschlossen, frühere Amtsträger einzuladen. Sie sollen noch in diesem Monat in einer oder zwei weiteren Sondersitzungen Auskunft geben. Wer kommen soll, ist noch nicht ganz klar.

Im Gespräch sind zwei CDU-Politiker - Ex-Innenminister Thomas de Maizière und der frühere Flüchtlingskoordinator und heutige Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Außerdem würden die Innenpolitiker gerne Fragen an die ehemaligen Bamf-Chefs Manfred Schmidt und Frank-Jürgen Weise richten.

Die AfD hat den Bremer Fall zum Anlass genommen, um einen „Untersuchungsausschuss Asyl- und Migrationspolitik“ zu fordern. Die FDP will, dass über ihren eigenen Einsetzungsantrag für einen Bamf-Untersuchungsausschuss am 7. Juni im Bundestag beraten wird. Ein Untersuchungsausschuss kommt allerdings nur zustande, wenn mindestens ein Viertel aller Abgeordneten dafür stimmen.

Die Linke hält einen Untersuchungsausschuss nicht mehr für nötig. Die Fraktionsvize Sevim Dagdelen sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Ich persönlich halte eine Aufklärung im Innenausschuss für möglich.“ Die Linke werde Seehofer an seinen Versprechen messen. Der Innenminister hatte sich am Dienstag im Innenausschuss namens der Bundesregierung für die Fehler beim Bamf in Bremen entschuldigt und Reformen im Asylverfahren versprochen. Ihre Parteikollegin Ulla Jelpke sagte, die Bamf-Mitarbeiter müssten angemessen geschult werden. Dass Seehofer dies nun angekündigt habe, sei gut. Jetzt müssten aber Taten folgen.

Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sieht großen Reformbedarf auch bei den Widerrufsprüfungen, bei denen geschaut werden soll, ob weiterhin Schutz in Deutschland nötig ist. Vor allem bei Menschen, bei denen sich nachträglich ein Identitätsbetrug feststellen lasse, sei der Widerruf des Schutzes zwingend notwendig. Schuster sagt: „Die Widerrufsprüfungen finden praktisch nicht statt.“

Das Bamf hatte im August 2015 mitgeteilt: „Gute Nachricht für Flüchtlinge und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Für das Bundesamt verringert sich der Aufwand für die Widerrufsprüfungen deutlich. Grund dafür ist eine neue Rechtslage.“ Das Bundesamt müsse nicht mehr in jedem Einzelfall nach drei Jahren prüfen, ob die Schutzgründe womöglich weggefallen seien, sondern: „Wenn der Schutz vom Bundesamt nicht widerrufen wird, erhält der Flüchtling von der Ausländerbehörde eine unbefristete Niederlassungserlaubnis.“