Bis zu 3000 Euro Regierung will Rückkehr-Prämie für abgelehnte Asylbewerber
Berlin (dpa) - Mit einer Extra-Prämie will das Bundesinnenministerium mehr Asylbewerber dazu bringen, freiwillig das Land zu verlassen. Ab sofort bis Ende Februar 2018 können freiwillige Rückkehrer zusätzliche Unterstützung bei der Ankunft in ihrer Heimat beantragen.
Dies kündigte das Ministerium am Wochenende an. Vorgesehen sind Hilfen in Form zusätzlicher Sachleistungen: bis zu 3000 Euro für Familien, bis zu 1000 Euro für Einzelpersonen. Die Heimkehrer können zum Beispiel Zuschüsse für Miete oder Möbel bekommen.
Eine Förderung freiwilliger Ausreisen gibt es schon länger, sie wird durch die Drei-Monats-Aktion nun erweitert und deutlich aufgestockt. Die Organisation Pro Asyl findet die Strategie verwerflich und hält der Regierung vor, sie verführe Menschen auf miese Weise, ihre Rechte nicht wahrzunehmen.
Schutzsuchende, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte und die einer Abschiebung entgehen wollen, können freiwillig ausreisen und dabei finanzielle Unterstützung bekommen. Das gilt auch für Menschen, deren Asylverfahren noch läuft. Seit Jahren gibt es ein Programm mit der sperrigen Abkürzung REAG/GARP, das die Internationale Organisation für Migration im Auftrag von Bund und Ländern organisiert. Heimkehrer können dort Hilfe beantragen, um ihre Rückreise zu bezahlen - und zusätzlich wenige Hundert Euro „Starthilfe“ in der Heimat. 2016 nahmen das rund 54 000 Menschen in Anspruch. Die Zahl der geförderten freiwilligen Ausreisen war damit fast doppelt so hoch wie die der zwangsweisen Abschiebungen (gut 25 000).
Zuletzt verließen jedoch weniger abgelehnte Asylbewerber aus freien Stücken das Land. Von Anfang Januar bis Ende Oktober 2017 waren es rund 26 000. Bund und Länder mühen sich seit Monaten, die Zahl der freiwilligen Ausreisen und auch der Abschiebungen zu erhöhen. Sie richteten dafür unter anderem ein gemeinsames Koordinierungszentrum ein, starteten Telefon-Hotlines, Beratungsangebote und ein Informationsportal im Internet.
Auch die finanziellen Hilfen für Heimkehrer wurden bereits im Februar ausgebaut: mit dem Programm „Starthilfe Plus“. Das nutzten von Anfang Februar bis Ende Oktober rund 8600 Rückkehrer. Zusätzlich zu den bisherigen Reisebeihilfen können hier Asylsuchende aus mehr als 40 Ländern - darunter die Hauptherkunftsstaaten wie Afghanistan, Syrien, Irak, Eritrea und Somalia - weitere Unterstützung beantragen, wenn sie heimgehen. Wer zum Beispiel noch vor Abschluss des Asylverfahrens Deutschland freiwillig verlässt, kann als Erwachsener 1200 Euro bekommen, bei Kindern unter zwölf Jahren sind es 600 Euro. Nach einem negativen Asylbescheid fällt die Hilfe niedriger aus (800 Euro pro Erwachsenem, 400 Euro pro Kind).
Die eine Hälfte wird noch in Deutschland ausgezahlt, die andere erst in der Heimat. Im Gegenzug müssen sich die Betroffenen verpflichten, dass sie nicht juristisch gegen einen negativen Asylbescheid vorgehen - falls sie denn schon einen haben. Und eine Wiedereinreise nach Deutschland soll ausbleiben: Wer trotzdem wiederkommt, muss die Hilfen zurückzahlen.
Nun erweitert die Regierung dieses Programm mit ihrer vorübergehenden Drei-Monats-Extra-Prämie. Auch hier kümmert sich um die Abwicklung unter anderem die Internationale Organisation für Migration (IOM). Nach der Rückkehr in ihre Heimat sollen Betroffene Kontakt mit IOM-Vertretern aufnehmen und einen „Reintegrationsplan“ absprechen. In den zwölf Monaten nach ihrer Heimkehr können sie sich dann bis zu der Grenze von 1000 beziehungsweise 3000 Euro bestimmte Kosten erstatten lassen, um sich wieder ein Zuhause einzurichten: Mietkosten, Ausgaben für Möbel, Geld für Renovierungen zum Beispiel.
Eine dreiköpfige Familie konnte bislang also etwa 3000 Euro an Rückkehrhilfen bekommen, mit der Extra-Prämie sind es bis zu 6000.
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt kann dem nichts abgewinnen. „Man verführt auf übelste Art und Weise Menschen dazu, ihre Rechte nicht wahrzunehmen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das Programm sei darauf angelegt, dass Menschen umso mehr finanzielle Hilfe bekommen, je eher sie das Land verlassen - also möglichst noch vor dem Abschluss ihres Asylverfahrens.
Wer nach einem negativen Asylbescheid gehe und Förderung beantrage, müsse im Gegenzug darauf verzichten, Rechtsmittel gegen die Asyl-Entscheidung einzulegen. „Das ist eine ganz fiese Strategie, um Menschen daran zu hindern, von ihrem Recht Gebrauch zu machen“, beklagte er. Dass die Aktion noch dazu befristet sei auf drei Monate, verführe Betroffene einmal mehr, überstürzt etwas zu tun, was für sie eigentlich nicht gut sei. Das sei ein „Rabatt auf den Rechtsstaat, wie bei einem Winterschlussverkauf“.