Koalitionsprojekt Rentenpräsidentin warnt vor neuer Bürokratie bei Mütterrente
Berlin (dpa) - Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, warnt vor zusätzlicher Bürokratie im Fall einer Ausweitung der Mütterrente, wie sie im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbart wurde.
„Wenn die Ausweitung auf Eltern von drei Kindern und mehr eingeschränkt wird, hätten wir als Rentenversicherung einen deutlich höheren Aufwand“, sagte Roßbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Die geplante Ausweitung der Mütterrente wurde auf Druck der CSU ein Koalitionsprojekt. Vereinbart ist, dass Mütter und Väter, die drei und mehr vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, ein drittes Jahr Erziehungszeit in der Rente angerechnet bekommen. Roßbach mahnte: „Dadurch, dass die Kinder etwa bei Patchworkfamilien bei Müttern und Vätern gespeichert sein können, wäre der administrative Aufwand größer, das umzusetzen.“ Demnach wäre es für die Rentenversicherung einfacher, allen Eltern eine erweiterte Leistung zukommen zu lassen.
Sozialminister Hubertus Heil (SPD) lässt derzeit prüfen, ob alle Frauen mit Kindern dieser Jahrgänge von der geplanten Ausweitung profitieren sollen - nicht nur Mütter mit drei und mehr Kindern. Dafür könnten sie für das dritte Erziehungsjahr nur einen halben und nicht wie geplant einen ganzen Rentenpunkt zuerkannt bekommen.
Wenn eine solche Regelung komme, wolle die Rentenversicherung die Mütterrente schnellstmöglich zur Verfügung stellen, sagte Roßbach. „Das wäre mit einer leicht umzusetzenden Regelung besser erreichbar.“
Die CSU sperrt sich gegen eine gegenüber dem Koalitionsvertrag geänderte Regelung: „Vereinbart ist vereinbart“, sagte der CSU-Sozialexperte im Bundestag, Stephan Stracke, der dpa. „Wir haben in den Sondierungen und Koalitionsverhandlungen ausführlich darüber geredet. Wir bestehen auf der Umsetzung des Koalitionsvertrages.“
Für weitere Rentenpläne der Koalition ist nach Einschätzung Roßbachs eine Steuerfinanzierung notwendig. Dies gelte einerseits für die geplante Absicherung des Rentenniveaus, des Verhältnisses von Rente zu Durchschnittseinkommen, bei 48 Prozent bis 2025. Auch die Begrenzung des Beitragssatzes auf 20 Prozent sei nur mit Steuerzuschüssen sicherzustellen. Wichtig sei es, in der nun geplanten Rentenkommission zu prüfen, „wie auskömmlich die Alterssicherung in allen drei Säulen künftig sein wird“. Das sind neben der gesetzlichen die Betriebsrente und private Vorsorge.
Roßbach betonte, die Rente sei derzeit gut aufgestellt. „Mehr als 97 Prozent der Älteren können ihr Einkommen selbst bestreiten, weniger als 3 Prozent sind auf Grundsicherung im Alter angewiesen.“ Für Risikogruppen wie Erwerbsminderungsrentner seien weitere Verbesserungen geplant. Das gelte auch für nicht anderweitig verpflichtend abgesicherte Selbstständige.
„Um zu sehen, wer in den kommenden Jahren in die Rentenversicherung hineinwandert, haben wir ein großes Projekt gestartet, LEA, „Lebensverläufe und Altersvorsorge““, kündigte Roßbach an. „Fast 10.000 Menschen haben wir in Kooperation mit dem Bundesarbeitsministerium befragen lassen.“ Lebensverläufe und Anwartschaften in den Alterssicherungssystemen würden analysiert. „Wir erhoffen uns viele gute, fundierte Antworten, auch über die besonderen Risiken, über die Frage, was uns in den nächsten 15, 20 Jahren erwartet.“