Russland steht beim G8-Gipfel schützend vor Assad

Enniskillen (dpa) - Russland hat im Kreis der führenden Industriestaaten (G8) Forderungen nach dem politischen Aus für Syriens Machthaber Baschar al-Assad im Keim erstickt.

Allerdings waren sich die Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel in Nordirland einig, dass das Bürgerkriegsland rasch eine handlungsfähige Übergangsregierung braucht. Vor allem für Flüchtlinge wollen sie 1,5 Milliarden Dollar (1,21 Milliarden Euro) Hilfe bereitstellen. Beim dem zweitägigen Treffen beschloss die Gruppe der Acht auch, mehr gegen Steuerflucht zu unternehmen sowie armen Staaten zu helfen, ausreichend Nahrungsmittel zu produzieren.

Schätzungsweise 1,6 Millionen Syrer sind aus dem Land geflüchtet.
Seit März 2011 sind mindestens 93 000 Menschen laut den Vereinten Nationen getötet worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich mit der am Lough Erne bei Enniskillen gefundenen gemeinsamen Haltung zu Syrien zufrieden. Die G8 macht sich für eine baldige zweite Syrien-Konferenz stark. In Genf soll einvernehmlich über eine handlungsfähige Übergangsregierung geredet werden, sagte Merkel. „Dass alle G8-Teilnehmer dazu bereit sind und auch darauf hinarbeiten werden, ist ein wichtiger Schritt.“ Die Formulierung geht allerdings nicht über die von der Friedenskonferenz von Genf im Sommer 2012 hinaus.

Eine gemeinsame Position zur politischen Zukunft Assad sparten die Staats- und Regierungschefs in der Abschlusserklärung aus. Dennoch sagte der britische Premierminister und G8-Gastgeber David Cameron: „Es ist undenkbar, dass Präsident Assad in der Zukunft dieses Landes noch eine Rolle spielen kann. Er hat Blut an den Händen.“

Aus der Delegation des russischen Präsidenten klang das ganz anders. Ein Beschluss zum Schicksal Assads in der G8-Erklärung wäre „inakzeptabel“, „zutiefst falsch und schädlich“ gewesen, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow laut der Agentur Interfax am Rande des Gipfels.

Putin selbst sieht weiter keinen Beweis für einen Giftgaseinsatz der syrischen Führung. Auch andere G8-Staaten zweifelten an den Beweisen der USA, sagte er laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Itar-Tass, ohne Namen zu nennen. Putin forderte eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls durch die Vereinten Nationen - dem hat der G8-Gipfel dann auch zugestimmt.

Wie Merkel gab sich auch US-Präsident Barack Obama, der am Vorabend in offensichtlich frostiger Atmosphäre mit Putin über Syrien gesprochen hatte, nach außen hin zufrieden. Die Erklärung helfe, den Bürgerkrieg politisch zu lösen, erläuterte ein Regierungsbeamter. Die USA wollen 300 Millionen Dollar Hilfe leisten.

Obama wurde für den Dienstagabend noch in Berlin erwartet. Viereinhalb Jahre nach Beginn seiner Amtszeit besucht er zum ersten Mal als US-Präsident die Hauptstadt.

Merkel hatte eine Verdoppelung der deutschen Hilfe für syrische Flüchtlinge angekündigt. Die Regierung will die humanitäre Hilfe noch in diesem Jahr um 200 Millionen Euro erhöhen.

Wie eine Übergangsregierung genau aussehen soll und ob der Rücktritt Assads eine Voraussetzung für den politischen Übergang ist, blieb zunächst unklar. In der G8-Erklärung ist von einer künftigen Führung die Rede, die öffentliches Vertrauen schaffe müsse - unter der Kontrolle einer Übergangsregierung.

Russland ist neben dem Iran der engste Verbündete Assads und beliefert das Regime mit Waffen. Die USA, Großbritannien und Frankreich haben erklärt, Beweise für den Einsatz von tödlichem Giftgas gegen Aufständische zu haben. Deshalb wollen zumindest die USA nun die Rebellen aufzurüsten.

Die USA und Russland wollen im Juli eine zweite Syrien-Konferenz in Genf ausrichten. Bislang ist nicht klar, wer teilnehmen soll.

Hinter dem Streit um den richtigen Weg aus dem syrischen Bürgerkrieg traten andere wichtige von Cameron oben auf die Tagesordnung gesetzten Anliegen zurück.

Die G8 haben wollen Steuerflüchtlingen das Leben künftig schwerer machen. International tätige Unternehmen sollen künftig ihre Einkünfte nach Ländern getrennt ausweisen. Ein Verschieben von Gewinnen an Standorte mit niedrigen Steuern soll erschwert werden. Auch Steueroasen müssten künftig den Finanzbehörden Informationen überlassen.

„Wir bekennen uns dazu, unseren Part zu spielen, um weltweit Lösungen zu finden für die Probleme der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung“, heißt es in der Abschlusserklärung. Auch beim G20-Gipfel der führenden Industrieländer und Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien kommt das Thema auf die Tagesordnung.

Nach Großbritannien übernimmt Russland die nächste G8-Präsidentschaft. Der nächste Gipfel ist in Sotschi
am 4. und 5. Juni 2014 am Schwarzen Meer.