FDP will U-Ausschuss Seehofer nimmt Flüchtlingsbehörde in Schutz

Berlin (dpa) - In der Affäre um Verfahrensmängel und Fehlentscheidungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wächst der Druck auf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

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Die FDP forderte an diesem Donnerstag einen Untersuchungsausschuss des Bundestags zu den Vorgängen in der Bremer Bamf-Außenstelle. Deren frühere Leiterin soll dazu beigetragen haben, dass mindestens 1200 Asylbewerber womöglich zu Unrecht Schutz erhielten.

„Die Vorgänge im Bamf sind nun der Anlass, aber nicht der einzige Gegenstand: Die Flüchtlingspolitik muss von 2014 an untersucht werden, um Verschwörungstheoretikern die Grundlage zu nehmen“, erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner via Kurznachrichtendienst Twitter zur Forderung nach einem Untersuchungsausschuss. Für die Einsetzung ist die Unterstützung eines Viertels der Abgeordneten nötig - das wären drei der vier Oppositionsfraktionen. Ob diese vorhanden ist, war zunächst unklar.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brander begrüßte den Vorstoß der FDP im Grundsatz. Der „Huffington Post“ sagte der Vorsitzende des Rechtssauschusses: „Die AfD wird dem zustimmen, wenn es vernünftig gemacht und formuliert ist.“ So müsse etwa lückenlos aufgeklärt werden, „was sich im Umfeld der Grenzöffnung 2015 ereignete“. Allein in dem Jahr waren rund 890 000 Migranten weitgehend unkontrolliert nach Deutschland gekommen.

Die Grünen sperren sich nicht generell gegen einen Untersuchungsausschuss, sehen aber auch noch andere Möglichkeiten. „Es müssen jetzt alle Karten auf den Tisch. Wenn hier weiter relativiert und auf Zeit gespielt wird, muss das Parlament die Aufklärung übernehmen. Einen Untersuchungsausschuss braucht es nicht, wenn das Parlament endlich ordentlich informiert und eingebunden wird“, erklärte die Fraktionssprecherin für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg.

Dagegen lehnt die Linke einen Untersuchungsausschuss ab. „Das würde nur den rechten Hetzern in die Hände arbeiten“, sagte die innenpolitische Fraktionssprecherin Ulla Jelpke.

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner rief Seehofer im Bundestag zu: „Tun Sie nicht so, als wären Sie der Chef-Aufklärer. Was wussten Sie und wann wussten Sie es?“

Seehofer nahm das Bamf gegen den Vorwurf der Unfähigkeit und Vertuschung in Schutz. „Dort wird heute eine gute Arbeit geleistet für unser Land in einem ganz wichtigen Bereich“, sagte er in seiner Parlamentsrede. Es sei falsch, das mögliche Fehlverhalten einiger Mitarbeiter allen Beschäftigten anzulasten. Gleichzeitig trat Seehofer dem Vorwurf entgegen, die Aufklärung in der Angelegenheit nicht entschieden genug vorangetrieben und eine Mitarbeiterin, die dazu beitragen wollte, strafversetzt zu haben.

Josefa Schmid hatte die Leitung der Bremer Außenstelle im Januar angetreten. Inzwischen musste sie ihren Posten wieder räumen. Obwohl sie sich juristisch gegen ihre Abberufung wehrt, führt die Nürnberger Bamf-Zentrale für die Versetzung „Fürsorge“-Gründe an.

„Für die Fraktion der Freien Demokraten führt nun kein Weg mehr an einem Untersuchungsausschuss vorbei“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann. „Offenbar ist nur so eine schonungslose Aufarbeitung möglich.“

Seehofer betonte, die staatsanwaltlichen Ermittlungen zur Bremer Bamf-Affäre hätten vor seinem Amtsantritt begonnen. Ein Untersuchungsausschuss zu den Unregelmäßigkeiten sei für ihn „keine Bedrohung“.

Josefa Schmid ist FDP-Mitglied und ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Kollnburg in Niederbayern. Sie hatte in einem internen Bericht, den sie am 4. April an Innen-Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) schickte, die Einsetzung einer „neutralen Untersuchungskommission“ durch das Ministerium angeraten, um für eine Aufklärung der Vorfälle unabhängig von der Bamf-Leitung in Nürnberg zu sorgen.

Mayer sagte im Deutschlandfunk zu der Affäre in Bremen: „Das Ausmaß ist enorm. Man ist immer noch dabei, die Dimension in der Gesamtheit in Erfahrung zu bringen.“ Es sei richtigerweise von der Bamf-Spitze entschieden worden, alle 2000 Verfahren, die in Bremen entschieden wurden, zu prüfen. „Ich gebe Frau Schmid durchaus Recht, dass die Vorgänge in Bremen ungeheuerlich sind, dass sie unfassbar sind“, sagte er. Mayer betonte, Seehofer und seine Mitarbeiter hätten ein enormes Interesse an einer umfänglichen Aufklärung. Josefa Schmid hatte nach Angaben des Innenministeriums bereits am 14. März um einen persönlichen Gesprächstermin mit Seehofer gebeten. Der Minister soll jedoch erst fünf Wochen später darüber informiert worden sein.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schmids Bremer Vorgängerin. Diese soll zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen unrechtmäßig Asyl gewährt haben. Außer gegen die Frau wird gegen fünf weitere Beschuldigte ermittelt - darunter drei Rechtsanwälte und ein Dolmetscher. Es besteht der Verdacht der Bestechlichkeit und der bandenmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung.