Schnelle Aufklärung gefordert SPD macht in Bamf-Affäre Druck: Seehofer soll jetzt liefern
Berlin (dpa) - Die SPD verlangt von Bundesinnenminister Horst Seehofer mehr Engagement bei der Aufklärung der Bamf-Affäre. „Wir könnten bei der Aufklärung schon viel weiter sein“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der „Augsburger Allgemeinen“.
Klingbeil forderte Seehofer zu einer schonungslosen Aufklärung der Vorgänge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf - ohne Rücksicht auf seine Amtsvorgänger im Innenministerium: „Ich erwarte von Herrn Seehofer, dass er jetzt liefert.“ Die Union trage dort seit 13 Jahren die Verantwortung. „Während dieser Zeit sind alle Probleme entstanden, die nun ans Tageslicht kommen“, sagte Klingbeil.
In der Bremer Außenstelle des Bamf sollen zwischen 2013 und 2016 mehr als 1200 Menschen ohne rechtliche Grundlage Asyl erhalten haben. Es gibt deshalb Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen und des Bundesamts gegen die frühere Leiterin der Außenstelle, weitere Mitarbeiter, einen Dolmetscher und Anwälte. Der Dolmetscher steht im Verdacht, von Asylbewerbern Geld genommen zu haben. Das Bamf hat ihm inzwischen gekündigt, wogegen er sich mit einer Kündigungsschutzklage wehrt. Darüber wird an diesem Freitag erstmals vor dem Arbeitsgericht Bremen verhandelt.
Auch die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles verlangte eine „schnelle Aufklärung“. Sie lehnte daher in der „Bild“-Zeitung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorerst ab und mahnte „weniger Populismus, klare Haltung, klare Sprache“ an. „Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss braucht Wochen, ehe die konkrete Arbeit beginnt. Wir brauchen jetzt aber schnell Aufklärung. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, was hinter dem Skandal steckt. Ob es tatsächlich Amtsmissbrauch, Schlamperei und gar Korruption gab.“
Dagegen verlangte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ am Donnerstagabend erneut, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. „Das könnte ein Beitrag zur Befriedung der Gesellschaft sein.“ Eine Aufarbeitung „vor den Augen der Öffentlichkeit“ in einem Untersuchungsausschuss solle auch verhindern, „dass über die nächsten Jahre Verschwörungstheoretiker durch das Land ziehen können und ihre Theorien verbreiten“.
Dagegen unterstützte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck in der Sendung die SPD-Position. „Jetzt ist die Debatte voll da.“ Es reiche jetzt nicht, wenn ein Untersuchungsausschuss in einem halben Jahr seine Arbeit aufnehmen könne. Habeck schloss aber nicht aus, dass ein solches Gremium zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt werden könnte.
Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann betonte in der Sendung: „Wir brauchen meines Erachtens diesen Untersuchungsausschuss nicht, aber wir haben auch keine Probleme damit.“ Wichtig sei jetzt aber vor allem, „das ganze Asylverfahrensrecht so umzukrempeln, dass wir für die Zukunft aufgestellt sind“.
Derzeit versucht der Innenausschuss des Bundestags, Licht in die Affäre zu bringen. Er hat bereits eine weitere Sondersitzung eingeplant. Nahles schließt nicht aus, dass dazu auch der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und der ehemalige Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (beide CDU) eingeladen werden. „Die Untersuchungen werden zeigen, welche Fragen sich weiter stellen. Und dann muss man entscheiden, wer sie beantworten muss“, sagte sie der „Bild“-Zeitung.
Unterdessen wurde bekannt, dass wegen einer Sicherheitslücke im elektronischen Aktensystem Maris des Bamf theoretisch Tausende Mitarbeiter Asylunterlagen manipulieren können. Zu diese Einschätzung gelange die Innenrevision des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in ihrem Revisionsbericht 2018, schreibt der „Tagesspiegel“. Die Prüfer fanden demnach heraus, dass fast die Hälfte aller Bamf-Mitarbeiter Asylakten in dem Aktensystem weitreichend umprotokollieren kann.
„Faktisch wäre es möglich, dieses Recht zu missbrauchen“, heißt es demnach in dem Bericht. Dieses weitreichende Eingriffsrecht sollte laut „Tagesspiegel“ ursprünglich nur wenigen Mitarbeiter zustehen. Tatsächlich hätten es aber bis heute rund 3800 Beschäftigte. Auch die ehemalige Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle habe nach Ansicht der Revision auf diese Weise Akten manipuliert.