"Ironisch" gemeint? Seehofer sorgt mit Äußerung zu Tricks bei Gesetzgebung für Aufsehen

Berlin · Mit einer saloppen Äußerung zu Tricks bei Gesetzgebungsverfahren hat sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag Ärger eingehandelt. Die SPD fühlt sich "verhöhnt". Seehofer rudert zurück: Bemerkung war "ironisch" gemeint.

Horst Seehofer handelte sich Ärger ein mit einer saloppen Bemerkung.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Auf einer Veranstaltung hatte Seehofer gesagt: "Man muss Gesetze komplizierter machen. Dann fällt das nicht so auf." Zudem sprach er davon, heikle Gesetze "stillschweigend" in den Bundestag einzubringen: "Das erregt nicht so." Kritiker warfen ihm Intransparenz und eine Missachtung des parlamentarischen Verfahrens vor.

Seehofers Äußerungen, die auf einem Video-Mitschnitt festgehalten sind, bezogen sich auf das Datenaustausch-Gesetz zu Ausländern. Kritiker sahen in ihnen eine generelle Empfehlung, umstrittene Gesetze vorsätzlich kompliziert zu halten, um heikle Inhalte der öffentlichen Aufmerksamkeit zu entziehen.

Die SPD fühle sich "verhöhnt" vom Innenminister, empörte sich deren Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider. Bayerns FDP-Chef Daniel Föst sprach von einem "erneuten Tiefpunkt der politischen Kultur in diesem Land". Auch Linken-Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte äußerte Kritik, ebenso der Deutsche Anwaltverein. "Da kann man nur den Kopf schütteln", sagte dessen Präsidiumsmitglied Ulrich Schellenberg dem "Handelsblatt". Die Anwaltschaft habe ein Interesse an "klaren" Gesetzen.

Bei seinem Auftritt hatte Seehofer noch hinzugefügt: "Wir machen nichts Illegales, wir machen Notwendiges. Aber auch Notwendiges wird ja oft unzulässig in Frage gestellt."

In der "Süddeutschen Zeitung" (Wochenendausgabe) verteidigte sich Seehofer gegen die Kritik. Er habe seine Bemerkung "leicht ironisch" gemeint, sagte er. Das Datenaustausch-Gesetz sei "das wichtigste Gesetz". Es verhindere Missbrauch und Täuschung, werde aber "so gut wie nicht diskutiert".

Erst kürzlich war Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in die Kritik geraten. Das Landwirtschaftsministerium hatte am Montag (3. Juni 2019) im Internet ein kurzes Video veröffentlicht, in dem Klöckner mit Nestlés Deutschland-Chef Marc-Aurel Boersch vor der Kamera steht und das Unternehmen dafür würdigt, dass es den Zucker-, Salz und Fettgehalt seiner Lebensmittel reduziert habe. Hintergrund ist eine vom Kabinett verabschiedete „Reduktions- und Innovationsstrategie“, die Vereinbarungen auf freiwilliger Basis mit den Herstellern vorsieht.

Wegen des gemeinsamen Videos mit einem führenden Nestlé-Manager ergoss sich über Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) im Internet eine Welle der Kritik. Beim Kurznachrichtendienst Twitter beklagten zahlreiche Nutzer, Klöckner lasse sich von dem umstrittenen Lebensmittelkonzern für PR-Zwecke ausnutzen.

(AFP)