Sorgen in Koalition über Risiken der Euro-Rettung
Berlin (dpa) - In der Koalition wachsen die Sorgen über mögliche finanzielle Risiken bei der Euro-Rettung. Nach dem Brüsseler Treffen der Euro-Länder wollen die Parteien an diesem Montag beraten, wie das Parlament der Bundeskanzlerin ein Mandat für den nächsten Euro-Gipfel geben soll.
Die Union hält weiter einen Beschluss im Haushaltsausschuss auch über einen finanztechnischen Hebel zur Euro-Rettung für ausreichend - schließt aber eine Befassung des Bundestagsplenums nicht aus. Auf dem nächsten Gipfel des Eurogebiets an diesem Mittwoch sollen Beschlüsse fallen. Zuvor will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre verschobene Regierungserklärung zum Thema abgeben.
„Wenn die deutsche Haftungssumme von 211 Milliarden Euro nicht ausgeweitet wird, dann reicht voraussichtlich die Zustimmung des Haushaltsausschusses“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), dem Magazin „Spiegel“.
Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sagte dem „Focus“, die CSU werde darauf dringen, dass über den aktuellen EFSF und über den späteren ESM hinaus keine weiteren Hilfen ohne belastbare Gegenleistungen erfolgen. In den Reihen der Koalitionsabgeordneten wachsen die Sorgen über die Risiken, hieß es in Koalitionskreisen.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte vor einer massiven Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF. „Die Krise wird nicht durch eine ständige Vergrößerung der Rettungsschirme gelöst werden“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Mit der diskutierten Versicherungslösung, die die Garantiesumme des Fonds vervielfachen soll, seien höhere Risiken für den deutschen Steuerzahler verbunden. „Mit der Größe des Hebels steigt selbstverständlich das Risiko.“
Die Opposition war am Freitag mit dem Versuch gescheitert, die Abstimmung über Neuregelungen des Euro-Rettungsschirms EFSF vom Haushaltsausschuss in das Bundestagsplenum zu ziehen. Die Koalitionsmehrheit stimmte gegen einen entsprechenden Grünen-Antrag.
Doch erst eine erwartete Grundsatzeinigung der Euro-Länder in Brüssel vom Sonntagabend über ein umfassendes Paket zur Euro-Rettung liefert die Grundlage für weitere Beratungen des Bundestags. CDU-Präsidium und -Bundesvorstand wollen sich an diesem Montag in Berlin damit befassen.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte in der jüngsten Unionsfraktionssitzung nach Informationen der dpa gemahnt, die Lage nach einer Vorlage aus Brüssel neu zu bewerten. Dazu habe es keinen Widerspruch gegeben, berichteten Teilnehmer.
FDP-Chef Philipp Rösler sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Eine Erweiterung der Möglichkeiten der EFSF ist nur dann sinnvoll, wenn sich aus der drohenden Insolvenz eines Eurolandes Gefahren für die Eurozone als Ganzes ergeben.“
Der Obmann der Unionsfraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach (CSU), sagte: „Wir brauchen einen klaren Schuldenschnitt von mindestens 50 Prozent unter Beteiligung privater Gläubiger verbunden mit einem Restrukturierungsprogramm, das Griechenland wettbewerbsfähig macht.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte der „Super Illu“, durch die zögerliche Politik der Bundesregierung in den vergangenen Monaten sei eine Lösung der Krise „viel teurer und unsicherer“ geworden. Die Bundesregierung müsse „vor allem ihr Versprechen einlösen, dass dieser europäische Rettungsschirm EFSF nicht zu höheren Bürgschaften für den deutschen Steuerzahler über den ohnehin schon hohen Haftungsrahmen von 211 Milliarden hinaus führt“.
42 Prozent der Befragten einer aktuellen Umfrage des Instituts TNS-Emnid für den „Focus“ machten die Banken und Investoren an den internationalen Finanzmärkten für die Schuldenkrise verantwortlich. 34 Prozent sahen die Hauptschuld bei den Euro-Staaten.