SPD besteht auf Mindestlohn für alle schon ab 18 Jahren

Berlin (dpa) - Union und SPD streiten beim Mindestlohn von 8,50 Euro über eine höhere Altersgrenze als 18 Jahre.

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Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer kamen am Dienstagabend zu einem vertraulichen Dreier-Treffen zusammen, um die Details des Gesetzes unter sechs Augen zu klären - noch diese Woche soll der Referentenentwurf an die anderen Ressorts verschickt werden. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wies Versuche der Union, Ausnahmen und höhere Altersgrenzen durchzusetzen, kategorisch zurück: „Niemand über 18 wird in Zukunft weniger als 8,50 Euro verdienen.“

Das Dreier-Treffen dauerte zweieinhalb Stunden, um 22 Uhr verließen die drei Vorsitzenden ohne öffentliche Stellungnahme das Kanzleramt. In Regierungskreisen war von einem „ruhigen Gespräch in guter, lösungsorientierter Atmosphäre“ die Rede. Die Parteivorsitzenden seien alle gemeinsamen Aufgaben durchgegangen und zuversichtlich, dass diese nun gemeinsam Schritt für Schritt abgearbeitet würden.

Einen Dissens gibt es aber auch bei der Energiewende. Seehofer stellte eine der drei geplanten Strom-„Hauptschlagadern“ infrage. Die SPD, aber auch Energieexperten, halten sie für notwendig, um Windstrom in den Süden zu transportieren. Auch aus der CSU wurde betont, man müsse erst das geplante Ökostrom-Gesetz abwarten: Auf Basis des neuen Ausbautempos soll dann die Notwendigkeit der Trasse geprüft werden.

Beim Mindestlohn stellte Seehofer eine Einigung in Aussicht. „Wir wollen die Idee des Mindestlohns nicht infrage stellen“, sagte der bayerische Ministerpräsident vor dem Treffen dem „Handelsblatt“. Er verlangte aber, Praktikanten und Ehrenamtliche, die eine Aufwandsentschädigung erhalten, auszunehmen. Ausnahmen für Rentner verlangt die CSU nicht mehr. „Rentner wollen zu Recht keine altersbezogene Unterscheidung“.“

Unionspolitiker brachten aber eine höhere Altersgrenze als 18 Jahre ins Spiel. „Ich glaube, dass diese Grenze zu niedrig ist“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Jugendlichen dürfe kein Anreiz gegeben werden, statt einer Ausbildung einen Job für Unqualifizierte anzunehmen.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Fast 60 Prozent der Jugendlichen sind älter als 18 Jahre, wenn sie eine Ausbildung beginnen. Das spricht dafür, die Altersgrenze heraufzusetzen.“ In der SPD wurde Verwunderung darüber geäußert, dass sich eine Ministerin noch vor Vorliegen eines Entwurfs einer Kabinettskollegin so positioniert. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Christian von Stetten betonte in der „Rheinischen Post“: „Eine Altersgrenze von 21 Jahren beim Mindestlohn ist das Mindeste.“

Oppermann sagte, es gebe keine Ausnahmen. „Wir setzen den Koalitionsvertrag um.“ Der gesetzliche Mindestlohn werde dazu führen, „dass vier Millionen Menschen vermutlich die größte Lohnerhöhung ihres Lebens bekommen“. Verdi-Chef Frank Bsirske mahnte: „Alle bisher vorgetragenen Ausnahme-Wünsche sind unbegründet und überflüssig.“

Zündstoff bietet auch die Energiewende. Eine umstrittene Stromleitung soll von Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) Wind- und Braunkohlestrom nach Meitingen in Bayern bringen. Seehofer sieht hierfür kaum noch Realisierungschancen, „weil wir sie nicht brauchen“. Bayern hatte erst 2013 dem Bau der Trasse zugestimmt. Derzeit wird geprüft, ob die geplante Drosselung beim Ökostrom-Ausbau den Trassenbedarf ändert. Hasselfeldt sagte, Entscheidungen für die Ost-Süd-Leitung sollten noch nicht getroffen werden. Oppermann hält die Leitung für nötig: „Auch in Bayern kommt der Strom aus der Steckdose. Herr Seehofer wird das merken, wenn er das Kabel abklemmt“, sagte der SPD-Fraktionschef.

Unionsfraktions-Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) reagierte mit Verständnis auf das Dreiertreffen der Koalitionsspitzen anstelle eines Treffens des Koalitionsausschusses in größerer Runde: „Die Parteivorsitzenden besprechen ganz offensichtlich wichtige Punkte.“ Bisher hat in der neuen Wahlperiode noch kein Koalitionsausschuss getagt, zu dem unter anderem auch die Fraktionsspitzen gehören.

Ein Thema bleibe auch die Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy, in dessen Verlauf der CSU-Bundesminister Hans-Peter Friedrich zurücktrat, sagte Grosse-Brömer. Seehofer sagte: „Wir wollten keinen Fehlstart hinlegen, jetzt ist uns die Edathy-Affäre dazwischen gekommen.“ Er sei aber sicher, dass über die Projekte Energiewende, Rente mit 63 und Mindestlohn Vertrauen wieder aufgebaut werde. Die Arbeit von Merkel bezeichnete er als „ausgezeichnet“, die von Gabriel als „recht gut - mit einer kleinen Delle durch die Edathy-Affäre“.