Spitzen von Schwarz-Gelb ringen um Einigkeit

Berlin (dpa) - Ohne konkrete Beschlüsse in zentralen Streitfragen ist am Montag das Spitzengespräch der schwarz-gelben Koalition zu Ende gegangen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und FDP-Chef Philipp Rösler bekräftigten, dass das von der CSU geforderte Betreuungsgeld an diesem Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden soll. Im Gegenzug setzte sich die FDP mit ihrem Anliegen einer stärkeren Förderung der privaten Pflegevorsorge durch. Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik.

Bürger, die eine private Zusatzversicherung abschließen, sollen demnach künftig einen Zuschuss von monatlich fünf Euro erhalten - und zwar unabhängig vom Einkommen. Mit der Zuschusslösung kommen - anders als bei einer steuerlichen Lösung - auch Bezieher kleiner Einkommen in den Genuss der staatlichen Förderung. Das Vorhaben soll parallel zum Betreuungsgeld vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Das Betreuungsgeld sollen ab 1. Januar 2013 Eltern erhalten, die ihre Kleinkinder nicht in eine Kita schicken. Es beträgt zunächst 100, ab 2014 dann 150 Euro monatlich. Weitere Entscheidungen wurden bei dem Spitzentreffen nicht getroffen. Sie sollen einem Koalitionsausschuss vorbehalten bleiben, der noch vor der Sommerpause stattfinden soll, für den es aber noch keinen Termin gibt.

CSU-Chef Seehofer zeigte sich zufrieden: „Ich fahre mit dem guten Gefühl zurück nach München, dass diese Regierungskoalition die wichtigen politischen Aufgaben national wie international anpacken will und lösen kann“, sagte er nach Angaben eines Sprechers. In Koalitionskreisen hieß es, alle drei Parteivorsitzenden seien sich einig in dem Ziel, erneut eine schwarz-gelbe Regierung nach der Bundestagswahl 2013 zu bilden.

Gleichwohl gab es in vielen Fragen keinerlei Bewegung. Rösler lehnte Unionsforderungen nach einem Mindestlohn, einer Frauenquote und der Vorratsdatenspeicherung nach Angaben aus der Koalition strikt ab. Er selbst forderte erfolglos, schon für 2014 und damit zwei Jahre früher als geplant einen ausgeglichenen Bundeshaushalt ohne neue Schulden zu erreichen. Vereinbart wurde, dass das Bundeskabinett das Leistungsschutzrecht von Presseverlagen im Internet noch vor der Sommerpause beschließen soll.

Daneben wurde auch über die CSU-Forderung nach einer Pkw-Maut, die Abschaffung der Pendlerpauschale, die Einführung einer Frauenquote und eines Vertriebenengedenktages gesprochen. Nun werde ausgelotet, wo es Lösungen gegebenenfalls auch im Paket geben könne, hieß es in Koalitionskreisen. „Nichts ist vom Tisch heruntergenommen worden.“

Rösler äußerte sich zufrieden: „Wichtig ist, dass wir drei alles das besprochen haben, was wir machen können, um unsere Währung und unseren Wohlstand zu sichern“, sagte der Bundeswirtschaftsminister am Montagabend der Deutschen Presse-Agentur. „Da gibt es große Übereinstimmung, dass wir Eurobonds und ähnliche Maßnahmen ablehnen, die den deutschen Steuerzahler belasten.“

Rösler bekräftigte seine Forderung, schon zwei Jahre früher als geplant einen ausgeglichenen Bundeshaushalt zu erreichen. „Ich habe unser besonderes Interesse angesprochen, schon 2014 eine schwarze Null im Haushalt zu schreiben und die Schuldenspirale zu stoppen. Da ist die Union aus unserer Sicht noch zu zögerlich.“

Merkel erhielt von Seehofer und Rösler volle Rückendeckung für ihren Kurs bei der Euro-Rettung. Der Euro-Rettungsschirm EFSF dürfe keinesfalls für die Bankenrettung verwendet werden. Zugleich bekräftigten die Parteichefs das Ziel, den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin noch vor der Sommerpause in Bundestag und Bundesrat zu verabschieden. An dem knapp dreistündigen Gespräch nahm zeitweilig auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teil.

CSU-Kreise bezeichneten die Atmosphäre als entspannt und konzentriert. Erklärtes Ziel war nach Angaben von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, „die Zeit bis zur Bundestagswahl insgesamt, also die großen Linien von der Europa- bis zur Energiepolitik in den Blick“ zu nehmen. Die SPD warf der Koalition nach dem Treffen eine verfehlte Politik und veraltete Ideologien vor. „Betreuungsgeld und die private Zusatzpflegeversicherung sind so unnötig wie die Koalition aus Schwarz und Gelb“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig. Das Betreuungsgeld diene einzig dazu den Koalitionsfrieden herzustellen. Die Grünen sprachen von einem „Akt kollektiver Autosuggestion“, die Liste der Aufgaben bleibe weiter ungelöst. Die Linke erklärte, die ausgezehrte Koalition bleibe sich treu.