Steinbrück holt überraschend Ex-Ministerin Zypries ins Team

Berlin (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat überraschend die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries für Verbraucherthemen in sein Wahlkampfteam berufen.

Für Frauen, Familie und den Aufbau Ost wird die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig als erste Ostdeutsche im Schattenkabinett zuständig sein, für Verkehr, Bau und Wohnen der bayerische Landeschef Florian Pronold. Damit steht das „Team Steinbrück“ mindestens zur Hälfte - insgesamt soll es zehn bis zwölf Mitglieder haben. Das Thema Finanzen will der Kanzlerkandidat zur Chefsache machen und keinen weiteren Spezialisten dafür in sein Team holen.

Die 59-jährige Zypries war von 2002 bis 2009 Justizministerin - zunächst in der rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder, dann in der großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Heute ist sie Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion. Zu ihren Vorhaben für den Fall eines Wahlsiegs zählte sie eine Regulierung der Gesundheitsleistungen, die nicht von den Kassen gezahlt werden, eine Deckelung der Zinsen für einen Dispositionskredit bei acht Prozent und eine europaweite Kennzeichnungspflicht für Tiere, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden.

In einem Interview des Hessischen Rundfunks zeigte sich Zypries bereit, auch unter einer Kanzlerin Merkel ins Kabinett zurückzukehren. „Das schließe ich natürlich nicht aus“, sagte sie „hr info“.

Während die Ex-Ministerin in den Spekulationen über das Wahlkampfteam bisher noch nicht vorgekommen war, galt Schwesig von vornherein als gesetzt. Die 39-jährige Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern gehörte bereits 2009 dem „Kompetenzteam“ des damaligen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier an. „Wahlkampfzeiten sind für mich gelebte Formen der Demokratie“, sagte sie.

Der 40-jährige Pronold sitzt seit 2002 für die SPD im Bundestag. Er soll sich im Steinbrück-Team um das Thema „Infrastruktur und bezahlbares Wohnen“ kümmern, also unter anderem auch um die Verkehrspolitik. 2003 war der Parteilinke einer der Initiatoren des SPD-Mitgliederbegehrens gegen Schröders Agenda 2010. Heute gilt Pronold als gemäßigter Linker. Ein Tempolimit für Autos, wie es von Parteichef Sigmar Gabriel angeregt worden war, lehnte Pronold klar ab. „Ich selber fahre gerne später zum Flughafen“, sagte er.

Steinbrück hatte Mitte Mai bereits den IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel (Arbeit), SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann (Inneres) und die Designprofessorin Gesche Joost (Netzpolitik) als die ersten drei Mitglieder seines Teams vorgestellt. Vier bis sechs weitere werden noch folgen. Der Wahlkampfmannschaft sollen genauso viele Frauen wie Männer angehören.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte das Wahlkampfteam Steinbrücks als rückwärtsgewandt. Mit Pronold sei neben Wiesehügel bereits der zweite vehemente Kritiker der Sozialreformen der Agenda 2010 berufen worden. „Das ist personell und programmatisch kein Angebot an die Mitte unsere Gesellschaft, sondern ein Angebot an die Linkspartei.“