Steinbrück im Sinkflug - SPD hält an ihm fest
Berlin (dpa) - Die SPD befindet sich wegen der Negativdebatten um Kanzlerkandidat Peer Steinbrück weiter im Umfrage-Sinkflug.
In einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Erhebung für „Stern“ und RTL büßen die Sozialdemokraten zwei Prozentpunkte ein und fallen mit 23 Prozent auf den Wert, den sie bei der Bundestagswahl 2009 erzielt hatten - ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Die Union mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt mit 43 Prozent auf einen neuen Forsa-Bestwert. Die SPD wies Spekulationen über einen Kandidatenaustausch zurück.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft rief in Düsseldorf zur Besonnenheit auf. „Im Moment ist die Lage nicht einfach, aber wir sind noch viele, viele Monate von der nächsten Bundestagswahl entfernt.“ SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier betonte, dass Steinbrück auch bei einer SPD-Schlappe am Sonntag bei der niedersächsischen Landtagswahl Kandidat bleibe: „Peer Steinbrück ist Kanzlerkandidat vor und nach der Niedersachsen-Wahl“, sagte er zu „Spiegel online“. „Wir haben noch acht Monate Zeit, um Merkel aus dem Amt zu heben“, betonte der Fraktionsvorsitzende.
Steinbrück suchte unterdessen den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Es würde ihn sehr wundern, wenn die Gewerkschaften zu einem anderen Ergebnis kämen, als dass sie bei der SPD am besten aufgehoben seien, sagte Steinbrück am Mittwoch nach einem Treffen mit dem Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin. Er nannte die Themen gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, gesetzliche Mindestlöhne, Renten, Bildungsgerechtigkeit, Stärkung der Tarifbindung und Verbesserung des Betriebsverfassungsgesetzes.
DGB-Chef Michael Sommer sagte, Gewerkschaften und SPD hätten sich bei diesen Themen weitgehend angenähert. „Aber wir sind nicht deckungsgleich.“ Es habe sich aber bei dem Gespräch gezeigt, dass es aktuell und perspektivisch „viele Schnittmengen“ gebe. Dies gelte aber auch für andere große Volksparteien. „Und das ist auch gut so.“
Neue Forsa-Zahlen, nach der nur noch 18 Prozent der Wähler ihn als Kanzler direkt wählen würden, hält Steinbrück nach den „Turbulenzen“ um seine Person für nicht überraschend. Er war vor allem wegen seiner Vortragshonorare und Äußerungen zur Angemessenheit des Kanzlergehalts in die Kritik geraten. Er werde nicht in Depression verfallen und stattdessen versuchen, „durch die Besetzung politischer Themen deutlich zu machen, wofür ich stehe, wer bin ich, wo will ich hin, das auszusprechen, was ich für richtig halte“.
Nach Ansicht des Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführers Thomas Oppermann hat die Niedersachsen-Wahl große bundespolitische Bedeutung. Es gehe auch um die Mehrheit im Bundesrat, sagte Oppermann am Mittwoch in Berlin. Ziel sei Rot-Grün. Das Ergebnis werde auf jeden Fall auch von allen verantwortet. „Ich glaube nicht, dass die Welt am Montag anders sein wird als heute“, sagte Oppermann mit Blick auf Spekulationen über einen möglichen Rückzug Steinbrücks bei einer Niederlage in Hannover. Steinbrück sei ein Zugpferd, das im Wahlkampf die Säle fülle. „Wir sind froh, dass wir ihn haben. Er wird nicht versteckt. Er wird vorgezeigt“, betonte der Fraktionsgeschäftsführer. Die Bürger halten Steinmeier inzwischen für einen geeigneteren Kanzlerkandidaten als Peer Steinbrück. Eine Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ermittelte, dass 27 Prozent der Bürger Steinmeier für die richtige Wahl hielten, wenn er erst jetzt bestimmt würde. Jeweils 17 Prozent sprachen sich für Steinbrück und den Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel aus. Allerdings überwiegt der Umfrage zufolge eher die Ratlosigkeit: 39 Prozent können sich nicht entscheiden, wen sie aus der einstigen Troika der Sozialdemokraten für den besten Kanzlerkandidaten halten sollen.
Trotz der miserablen Umfragewerte für die Bundes-SPD geht CSU-Chef Horst Seehofer nicht davon aus, dass Steinbrück ausgetauscht wird - dafür sei es zu spät. „Was wollen sie denn anderes machen?“, sagte Seehofer am Mittwoch am Rande der Winterklausur der Landtags-CSU in Wildbad Kreuth. Auf die Frage, ob Steinbrück deshalb Kandidat bleiben werde, sagte er: „Ich hoffe.“ Er habe schon vor einem Jahr gesagt, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel der gefährlichere Kandidat für die Union wäre. „Gabriel würde genau das erfüllen, was die Anhängerschaft der SPD mit Sehnsucht erwartet: die Rückgabe der Seele, die ja durch diese ganze Agenda 2010 erheblich zerfleddert wurde“, sagte Seehofer.