Steinbrück: Merkel bei Griechenland-Hilfe zu „klarer Kante“ zwingen
Berlin (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch vor der Wahl am 22. September zu einer klaren Aussage über ein mögliches drittes Rettungspaket für Griechenland zwingen.
Der in Ulm erscheinenden „Südwest Presse“ sagte Steinbrück, er werde dieses Thema sowohl beim TV-Duell mit Merkel am Sonntag (1. September) als auch in der letzten Sitzungswoche des Bundestages zur Sprache bringen.
Er warf der schwarz-gelben Regierung erneut vor, sie habe bislang im Wahlkampf „Schlaftabletten verabreicht und zu vertuschen versucht, dass uns die Stabilisierung der Euro-Zone etwas kosten wird“. Es sei immer klar gewesen, dass Deutschland „eben doch für Schulden anderer Staaten mit haftet“. Wenn es jetzt - wie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorige Woche angedeutet - um ein weiteres Hilfspaket für Griechenland gehe, müsse Merkel selbst „den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einschenken“.
Statt den Schuldenländern nur ihren Sparkurs aufzuzwingen, solle die Kanzlerin sich auch um Wachstumsimpulse für Griechenland und andere Staaten bemühen, sagte Steinbrück. Er meine, „dass Herr Schäuble etwas unbewusst und vielleicht sogar eher beiläufig ein Thema mit auf die Tagesordnung gezogen hat, das Frau Merkel aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten wollte“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat im ARD-„Bericht aus Berlin“.
Ein neues Griechenland-Hilfsprogramm wird nach Worten Schäubles kleiner ausfallen als die beiden ersten Rettungspakete. Ein drittes Programm werde nicht mehr so viel Geld umfassen, sagte der Minister am Sonntag in Berlin bei einer Bürgerbefragung. „Das Volumen wird sehr viel niedriger sein“, ergänzte er am „Tag der offenen Tür“ in seinem Ministerium. Es werde nächstes Jahr keine „Riesensumme“ sein.
Schäuble bekräftigte, dass weitere Hilfen an das stark verschuldete Euro-Land „hochwahrscheinlich“ seien. Dazu müsse Griechenland aber Verpflichtungen erfüllt und einen Primärüberschuss erzielt haben. Dies werde vor dem Auslaufen des bis Ende 2014 vereinbarten Programms geprüft und entschieden. Er teile nicht Befürchtungen auch in der Koalition, der Reformdruck auf Griechenland könnte durch Aussagen über ein drittes Hilfspaket abnehmen, sagte Schäuble. Einem weiteren Schuldenschnitt erteilte er erneut eine klare Absage: Nach dem ersten Schnitt hätten die Euro-Finanzminister geschworen, dies sei „völlig einmalig, nie wieder“.
Auch Schäubles Amtsvorgänger Steinbrück sagte am Sonntagabend in der ARD zum Thema Schuldenschnitt: „Vorsicht an der Bahnsteigkante.“ Denn dies „würde bedeuten, dass private Gläubiger wieder - noch zum zweiten Mal! - Geld verlieren würden“.
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, wandte im „Handelsblatt“-Interview ein: „Ein Schuldenerlass, der nur dazu führt, dass wir in fünf Jahren wieder vor der gleichen Situation stehen, wäre kontraproduktiv und ein falsches Signal für die Programmländer.“ Die Krise in Griechenland könne nur durch Reformen im Land überwunden werden. Weidmann: „Neue Hilfen allein schaffen keine wettbewerbsfähigen Unternehmen und dauerhaft soliden Staatsfinanzen.“
Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin warf Merkel vor, aus „panischer Angst“ vor der eurokritischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) eine Debatte über neue Hilfen für Griechenland zu vermeiden. Er sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, Merkel fürchte, dass ein großer Teil der Unionsabgeordneten und der potenziellen Wählerschaft von CDU/CSU die AfD-Haltung selbst vertrete. Bundesfinanzminister Schäuble habe sich „verplappert“ und versuche nun davon abzulenken, dass Griechenland Geld für reale Investitionen brauche.