Steinbrück tauscht seinen Sprecher aus
Berlin (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat rund drei Monate vor der Bundestagswahl Konsequenzen aus der bisher glücklosen Wahlkampagne gezogen. Er habe seinen Sprecher Michael Donnermeyer entlassen und den früheren „Bild“-Journalisten Rolf Kleine als Nachfolger ausgewählt, teilte Steinbrück mit.
„Das ist eine ziemliche harte und schwierige Entscheidung gewesen.“ Er habe zu Donnermeyer ein intaktes persönliches Verhältnis, aber der Wahlkampf habe „höchsten professionellen Abwägungen zu folgen“. Es gehe um die bestmögliche Aufstellung für die letzten 100 Tage.
Donnermeyer wird SPD-intern ein glückloses Agieren vorgehalten. Sein Nachfolger Kleine, langjähriger Politik-Korrespondent der „Bild“ in Berlin, fühlt sich nach eigenen Worten geehrt durch die neue Aufgabe. Er war zuletzt für die politische Kommunikation des Immobilienkonzerns Deutsche Annington zuständig, am Samstagmittag habe sein Arbeitgeber einer Freigabe zugestimmt. Diese vorherige Tätigkeit birgt eine gewisse Pikanterie - schließlich verspricht die SPD eine Mietpreisbremse, die die Immobilienbranche strikt ablehnt.
Steinbrück wollte auf die genauen Gründe für Donnermeyers Entlassung nicht eingehen. Er selbst trage die Verantwortung für mögliche Fehler, betonte Steinbrück. Es gehe daher nicht um ein Abwälzen von Verantwortung. „Ich verspreche mir von einer Neubesetzung eine Verstärkung.“ Kleine gilt im politischen Berlin als bestens vernetzt und soll für eine bessere Außendarstellung sorgen.
Donnermeyer war vorgeworfen worden, mögliche Stolperfallen nicht rechtzeitig erkannt zu haben. Zum Jahreswechsel hatte er zum Beispiel eine Interviewpassage autorisiert, in der Steinbrück sagte, ein Bundeskanzler verdiene - gemessen an seiner zu erbringenden Leistung - zu wenig. Nach der Debatte über seine Nebeneinkünfte in Millionenhöhe musste sich Steinbrück daraufhin des Eindrucks erwehren, er fordere mehr Geld für den Job, den er selbst anstrebt. Auf die Frage, ob der Sprecher-Wechsel das Signal zu einem Neustart gebe, sagte der 66-Jährige am Montag: „Nein. Ich brauche keinen Neustart.“
In den Hintergrund geriet dadurch die Präsentation der letzten drei Mitglieder des zwölfköpfigen Kompetenzteams. Die frühere saarländische Ministerin Christiane Krajewski (SPD) übernimmt den Bereich Wirtschaft. Sie war unter dem später zur Linken gewechselten Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine Gesundheitsministerin (1990-1994), danach Wirtschafts- und Finanzministerin (1994-1999). Zudem war sie von 2000 bis 2001 Finanzsenatorin in Berlin. Seit 2008 arbeitet sie als Beraterin für die Frankfurter Bank Leonardo & Co.
Den Bereich Entwicklungshilfe übernimmt die Präsidentin der Hilfsorganisationen Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Die 2009 in die SPD eingetretene Pfarrerin lässt ihr Amt wegen der neuen Tätigkeit ruhen. Sie habe sich bis zur Wahl am 22. September beurlauben lassen. Komplettiert wird das Team von dem Kulturmanager Oliver Scheytt für die Themen Kunst und Kultur. Als „Ruhr.2010“- Geschäftsführer war Scheytt verantwortlich für das Projekt „Kulturhauptstadt Europas 2010“. Er forderte unter anderem einen starken Urheberschutz, eine bessere soziale Absicherung für Kreative und den grenzüberschreitenden Erhalt der Buchpreisbindung.
Es gehe darum, ein breites Spektrum an Wählern anzusprechen, sagte Steinbrück. Das Team sei eine gelungene Mischung aus SPD-Politikern und Frauen und Männern, die „sich nicht als die üblichen Verdächtigen erweisen“. „Es ist eine Mischung, auf die ich besonderen Wert gelegt habe.“ Steinbrück sagte, der IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel (Arbeit und Soziales), sei etwa ein wichtiges Bindeglied zu den Gewerkschaften, die Design-Professorin Gesche Joost besetze das Zukunftsfeld Internet, und Füllkrug-Weitzel stärke das Verhältnis zu den Kirchen.
Die sechs Männer und sechs Frauen des Kompetenzteams sollen der seit Wochen in Umfragen bei deutlich unter 30 Prozent stagnierenden SPD neuen Schwung verleihen. Das Thema Außen- und Sicherheitspolitik wird von Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier übernommen, der aber aufgrund seiner herausgehobenen Stellung nicht dem Kompetenzteam angehört. Um das Thema Finanzen kümmert sich Steinbrück selbst.