Anschlag geplant? Terrorverdächtiger von Karlsruhe in U-Haft
Karlsruhe (dpa) - Sicherheitsbehörden haben einen möglichen Terroranschlag auf eine Eislaufbahn in Karlsruhe verhindert und einen mutmaßlichen Islamisten am Donnerstag in Haft genommen.
Der in Freiburg geborene 29-Jährige sei dringend verdächtig, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet zu haben, teilte der Generalbundesanwalt mit. Demnach soll der Deutsche mit irakischen Wurzeln ein Attentat unter anderem mit einem Fahrzeug geplant und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt haben. Dutzende Spezialkräfte der Polizei hatten den als Gefährder eingestuften Mann am Mittwoch festgenommen und seine Wohnung durchsucht.
Ein Jahr nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt haben die Sicherheitsbehörden dadurch möglicherweise eine neue Terrorattacke verhindert. In Berlin war der Tunesier Anis Amri am 19. Dezember 2016 mit einem gekaperten Laster in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. Zwölf Menschen starben. Auf seiner Flucht wurde er nahe Mailand von Polizisten erschossen.
Auch Amri war den Behörden als Gefährder lange bekannt; dennoch wurde er nicht festgesetzt. Gefährder sind Personen, denen die Sicherheitsbehörden grundsätzlich einen Terroranschlag zutrauen.
Vor dem Zugriff in Karlsruhe am Mittwoch hatten Sicherheitsbehörden den Mann bereits über längere Zeit gezielt observiert. „Da ist alles gemacht worden, was es gibt“, sagte ein Sicherheitsexperte der Deutschen Presse-Agentur. Dies umfasst auch Abhörmaßnahmen. Durch die Observation wurde nach dpa-Informationen deutlich, dass der mutmaßliche Islamist ab Ende August 2017 die Gegend rund um das Karlsruher Schloss auskundschaftete.
„Spezialkräften der baden-württembergischen Polizei ist ein wichtiger Schlag gegen den islamistischen Terror gelungen“, sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Wir müssen davon ausgehen, dass wir es mit einer sehr ernsten Bedrohung zu tun hatten.“
Bei der Durchsuchung der Wohnung fanden die Ermittler mehrere Mobiltelefone, mobile Endgeräte sowie schriftliche Unterlagen, die noch ausgewertet werden. Nach Überzeugung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sind die Sicherheitsbehörden aufmerksam und reagieren zum richtigen Zeitpunkt, wenn Personen als hochgefährlich erkannt werden.
Dem Verdächtigen wird auch vorgeworfen, IS-Propaganda-Videos erstellt und auf mehreren Internetplattformen verbreitet zu haben. In einer Chatgruppe hat er nach Angaben des Generalbundesanwalts andere „im Sinne der Ideologie der Terrororganisation“ motiviert. 2015 und 2016 soll der Mann in den Irak gereist sein. Dort habe er sich dem IS angeschlossen und sei an Schusswaffen ausgebildet worden. Er habe für die Miliz in der irakischen Stadt Erbil mögliche Anschlagsziele ausgespäht.
Der Mann war den Behörden erstmals im Zusammenhang mit der islamistischen „Lies!“-Aktion aufgefallen. Die Verteilung des Korans in Innenstädten war die größte und aufwendigste Werbeaktion von Salafisten in Deutschland. Dahinter stand die 2005 gegründete Organisation „Die wahre Religion“, die zuletzt mehrere hundert Mitglieder gehabt haben soll. Das Bundesinnenministerium hatte sie 2016 verboten. Bundesweit seien rund 140 junge Islamisten nach einer Radikalisierung durch „Lies!“ in die Kampfgebiete der Terrormiliz IS gereist.
Die Zahl islamistischer Gefährder in Deutschland ist mittlerweile so hoch wie nie - derzeit sind es mehr als 720. Nach dpa-Informationen sind aus Deutschland nach neuesten Zahlen 960 Menschen in die Dschihad-Gebiete Syrien und Irak gereist. Rund ein Drittel davon kehrte zurück.