Erben-Studie Testament - handeln statt abwarten
Auf die Erben-Generation kommt ein Billionen-Geldsegen zu. Doch eine Studie der Deutschen Bank zeigt, dass es an der richtigen Weichenstellung fehlt.
Düsseldorf. 3,1 Billionen Euro! So viel Privatvermögen wird in Deutschland in den nächsten zehn Jahren vererbt. Trotz dieser schwindelerregenden Zahl (Schätzung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge) und des damit einhergehenden Regelungsbedarfs ist das Erben und Vererben für viele immer noch ein Thema, mit dem sie sich lieber nicht beschäftigen. Mit einer mitunter verhängnisvollen Folge: Das Geld fließt nach dem eigenen Ableben nicht in die Richtung, die man sich vorgestellt hat.
Nach einer am Dienstag vorgestellten Erhebung der Deutschen Bank geben 58 Prozent der Bundesbürger an, sich mit dem Thema ungern zu beschäftigen. Für die Studie „Erben und Vererben“ wurden vom Allensbach-Institut 1651 Personen — ein repräsentativer Querschnitt von Menschen ab 16 Jahren — befragt. Mehr als die Hälfte der Deutschen hat kein Testament gemacht. Die meisten befassen sich erst im Rentenalter mit dem Erbfall.
Dabei, so betont Thomas Krebs, Jurist und Spezialberater für das Thema Vermögensnachfolge bei der Deutschen Bank in Düsseldorf, könne das Thema gerade für junge Familien existenziell sein: „Man denke an das Ehepaar, zwei Kinder. Der Vater verunglückt tödlich, die Mutter steht allein da. Wenn hier der Nachlass auch mit auf die Kinder verteilt wird, kann das für den Überlebenden zum finanziellen Problem werden.“
Guido Holler Düsseldorfer Fachanwalt für Erbrecht, hört bei diesem Thema oft den Einwand, dass man sich doch so früh im Leben noch nicht festlegen wolle. „Genau das ist falsch. Man macht das für einen passende Testament ja gerade für den Jetzt-Zeitpunkt. Dass man es später anpassen sollte, weil sich eine Lebenssituation ändert, ist eine Selbstverständlichkeit.“
Gerade bei der Absicherung von Ehepartnern, so betont Holler, passierten häufig Fehler. Das bei vielen beliebte Berliner Testament, bei dem Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament aufsetzen und die Kinder beim Tod des ersten Elternteils von der Erbfolge ausschließen, birgt manch ein Risiko, das den Betroffenen nicht bewusst ist.
Holler gibt ein paar Beispiele: „Da ist die Pflichtteilsproblematik: Die Kinder werden auf diese Weise ja enterbt, können also ihren Pflichtteil geltend machen.“ Auch erbschaftsteuerlich könne es von Nachteil sein, wenn das gesamte Vermögen an den überlebenden Ehepartner fällt statt an mehrere Erben, die ja die Freibeträge ausschöpfen könnten. Und wichtig auch: „Viele sind sich nicht bewusst, dass man nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr korrigierend eingreifen kann, weil der gemeinschaftliche Wille dann gilt.“
All diese Aspekte können freilich juristisch abgefedert werden, aber dafür bedarf es schon einiger rechtlicher Überlegungen. Helfen kann bei solchen Fragen ein Notar oder ein Rechtsanwalt. Eine Bank, so betont Thomas Krebs, macht keine Rechtsberatung, sorgt aber bei der Vermögensberatung für die richtige Weichenstellung. „Wir sind gewissermaßen der Tüv, der den Kunden darauf hinweist, dass die Bremse an seinem Auto nicht in Ordnung ist. Und dann schicken wir ihn in die Werkstatt — das ist dann der Notar oder Rechtsanwalt.“
Nach der Erben-Studie wünscht sich fast jeder zweite potenzielle Erblasser (47 Prozent) und rund zwei Drittel der künftigen Erben (62 Prozent) innerhalb der Familie offene Gespräche und damit mehr Transparenz über die Regelung des Erbfalls. Dabei nimmt die Komplexität zu: Der Immobilien- und Wertpapieranteil steigt. 58 Prozent der künftigen Erben gehen davon aus, dass sie eine selbst genutzte Immobilie erben werden. Durch die mitunter schwierige und auch kostenintensive Bewertung der Immobilien und deren Aufteilung unter mehreren Erben werden Erbschaften komplexer.
All das sorgt auch für Zwist. 17 Prozent der Befragten gaben an, dass sie schon Streit ums Erbe erlebt haben. Dabei stimmen Erblasser und Erben eigentlich darin überein: Streit soll vermieden werden (jeweils 77 Prozent), die Aufteilung des Erbes klar geregelt sein (73 bzw. 72 Prozent) und alle notwendigen Dokumente sollten vorliegen (jeweils 67 Prozent). Von den potenziellen Erblassern, die bereits ein Testament gemacht haben, ließen sich mehr als die Hälfte von einem Notar oder Rechtsanwalt beraten.