UN will Vorkehrungen für Dürren in Afrika
Addis Abeba/Berlin (dpa) - Die Hungerkatastrophe am Horn von Afrika droht sich weiter auszubreiten. In Somalia haben die Vereinten Nationen inzwischen in fünf Regionen eine Hungersnot ausgerufen.
„Wir fürchten, dass sich diese Situation noch auf andere Landesteile ausweiten wird“, sagte der der neue Direktor des Welternährungsprogramms in Äthiopien (WFP), Abdou Dieng, am Donnerstag in Addis Abeba.
Nach Auffassung der UN gibt es allerdings Wege, sich besser auf künftige Dürrezeiten vorzubereiten. Regierungen vor Ort und die internationale Gemeinschaft müssten mehr in Nahrungsreserven und Wassermanagement investieren, sagte Dieng. Nur mit dem Aufbau von „Sicherheitsnetzen“ könne Lebensmittelknappheit verhindert werden.
Die deutsche Marine verstärkt zum Schutz der internationalen Hilfslieferungen für die Hungernden in Somalia die EU-geführte Anti-Piraten-Operation „Atalanta“ am Horn von Afrika. Eine zweite Fregatte, die „Köln“, werde Ende August aus Wilhelmshaven auslaufen und dem Verbandsführer Portugal unterstellt, teilte das Verteidigungsministerium mit. Derzeit besteht der „Atalanta“-Verband, der vor allem im Kampf gegen Piraten eingesetzt wird, aus vier Schiffen, darunter der deutschen Fregatte „Niedersachsen“.
Die Afrikanische Union (AU) kündigte für den 25. August eine Geberkonferenz in Addis Abeba an. Das ursprünglich für den kommenden Dienstag anberaumte Treffen war offensichtlich zu kurzfristig anberaumt worden. Eingeladen sind Vertreter aus der Privatwirtschaft, humanitäre Organisationen und AU-Partner. „Die Afrikanische Union hat ihre Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, Ressourcen zu mobilisieren, um umgehend auf die Situation zu antworten und Leben am Horn von Afrika zu retten“, hieß es.
Mit der Konferenz in der Hauptstadt Äthiopiens reagiert die AU auf Kritik, die afrikanischen Länder seien angesichts der Krise weitgehend untätig geblieben. Die Staatengemeinschaft hat bisher nur 500 000 Dollar (knapp 350 000 Euro) für die Hungernden gespendet.
Insgesamt sind nach UN-Angaben zwölf Millionen Menschen in Ostafrika von der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren betroffen. „Bedauerlicherweise spitzt sich die Situation immer noch weiter zu“, sagte Marion Aberle von der Deutschen Welthungerhilfe der dpa. „Das heißt, dass Leute nicht nur hungern und leiden, sondern auch wirklich Menschen sterben, vor allem Kinder.“ Die Spendenbereitschaft der Deutschen sei angezogen. „Aber es reicht leider noch nicht ganz aus.“
Äthiopien und Kenia sind nach Einschätzung des WFP bisher weniger schlimm von den Folgen der Dürre betroffen als Somalia, weil die politische Lage in beiden Ländern stabiler ist. Äthiopien hat zudem bereits in den vergangenen Jahren damit begonnen, „Sicherheitsnetze“ mit Nahrungsmittelreserven aufzubauen. Diese reichten aber nicht aus, um der derzeitigen Krise zu begegnen, sagte WFP-Direktor Dieng.
„Es gibt Nahrungsreserven im Land, aber sie sind mittlerweile fast aufgebraucht“, erklärte der Senegalese. Dennoch erwartet er nicht, dass in Äthiopien oder Kenia in absehbarer Zeit offiziell eine Hungersnot ausgerufen werden muss. In Somalia werde sich die Situation aber voraussichtlich weiter verschlimmern. „Wenn wir von einer Hungersnot sprechen, dann sprechen wir von Somalia.“
Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif warf der internationalen Gemeinschaft Versagen und Ignoranz im Umgang mit der Hungerkatastrophe vor. Die Dürre in der Region sei seit über einem Jahr absehbar gewesen, sagte der Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel dem „Flensburger Tageblatt“ (Freitag). Regierungen in aller Welt hätten Zugriff auf die entsprechenden Daten gehabt. Nur gehandelt worden sei nicht. „Die haben unsere Daten schlicht ignoriert.“
Die UN hatten am Mittwoch in drei weiteren Regionen Somalias eine Hungersnot ausgerufen, darunter in der Hauptstadt Mogadischu, in die immer mehr Hungernde aus anderen Landesteilen fliehen. Vor zwei Wochen war bereits in zwei Regionen im Süden eine Hungersnot erklärt worden.