Länder häufen weiter Schuldenberge an
Berlin (dpa) - Trotz boomender Konjunktur und sprudelnder Steuerquellen wollen die meisten Bundesländer auch im kommenden Jahr neue Schulden anhäufen. Nur wenige kommen ohne Nettokreditaufnahme aus, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab.
Dabei zeigt sich: Die Sparfüchse sitzen nicht im Westen, sondern im Osten der Republik. Mit Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wollen vier der fünf neuen Bundesländer 2012 auf eine Neuverschuldung verzichten, Brandenburg will dies 2014 schaffen. Das gelingt selbst dem Musterländle Baden-Württemberg nicht.
Spätestens im Jahr 2020 gilt für alle Bundesländer ein absolutes Neuverschuldungsverbot. Dies sieht die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse vor. Baden-Württemberg als eines der reichsten Bundesländer will wie Hamburg, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Bremen die Frist voll ausreizen und tatsächlich erst 2020 ohne neue Schulden auskommen. Da will selbst das arme Berlin schneller sein und die Vorgaben schon 2016 erfüllen.
Die Musterknaben sind Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die Sachsen haben seit 2006 keine neuen Schulden mehr aufgenommen und sogar alte abbezahlt. Für 2011/12 ist eine jährliche Tilgung von 75 Millionen Euro vorgesehen. In Mecklenburg-Vorpommern hat man seit 2006 bereits zweimal Schulden abgezahlt. Auch Thüringen will 2012 einen - eher symbolischen Betrag - von 1,5 Millionen Euro begleichen. Sachsen-Anhalt will 2014 mit der Rückzahlung der Altschulden beginnen.
Im Westen verzichtet nur Bayern, mit Baden-Württemberg und Hessen eines der drei Geberländer im Länderfinanzausgleich, in diesem Jahr auf neue Schulden und plant das auch für 2012. Schon im Vorjahr war dem Freistaat dies gelungen.
Der absolute Ausreißer bei der Neuverschuldung 2011 ist das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen mit 4,8 Milliarden Euro - eine Summe, die die Opposition gerichtlich überprüfen lässt. Denn laut Landesverfassung darf die Verschuldung nicht die Summe der Investitionen übersteigen, die 2011 bei 3,9 Milliarden liegt. Im bevölkerungsreichsten Bundesland ist der Altschuldenberg mit 131,2 Milliarden Euro auch mit Abstand am höchsten.
Dahinter folgen Berlin mit 63,2 Milliarden Euro und Niedersachsen mit 54 Milliarden Euro Altschulden. Selbst das kleine, aber notorisch klamme Saarland hat über die Jahre hinweg rund 12 Milliarden Euro an Schulden angehäuft.
Möglicherweise werden die Länder aber den in ihren Etats selbst gesteckten Rahmen für die Nettokreditaufnahme nicht ausschöpfen müssen. Nach jüngsten Zahlen des Bundesfinanzministeriums fiel zum Beispiel im ersten Halbjahr 2011 das Gesamt-Haushaltsdefizit mit 4,7 Milliarden Euro deutlich niedriger aus als geplant. Die Voraussetzung dafür, dass dieser Trend anhält: Die Konjunktur muss weiter brummen.