Van Rompuy warnt vor Populismus in Europa
Berlin (dpa) - EU-Ratspräsident Herman van Rompuy hat die Freizügigkeit in Europa verteidigt und vor wachsendem Populismus in den EU-Mitgliedstaaten gewarnt. „Populismus und Nationalismus können nicht die Antwort geben auf die Herausforderungen unserer Zeit“, sagte er in seiner Berliner „Europa-Rede“.
Auch das Misstrauen gegenüber Europa wachse. Dem könne nur mit konkreten politischen Erfolgen begegnet werden. „Wachstum muss zurückkommen, Arbeitsplätze müssen geschaffen werden.“ Dies könne kein Land allein erreichen.
Seit 2010 kommt jedes Jahr am 9. November ein europäischer Spitzenpolitiker zu einer „Europa-Rede“ in die deutsche Hauptstadt. Damit wird an den Fall der Mauer 1989 erinnert, mit dem auch die europäische Teilung überwunden wurde.
Van Rompuy kritisierte Schlagwörter wie „Armutstourismus“ oder „Sozialdumping“. Auch wenn Missbrauch bekämpft werden müsse: Am Ende gebe es nicht zu viel, sondern zu wenig Mobilität innerhalb der EU, wo trotz hoher Arbeitslosigkeit Millionen Arbeitsplätze unbesetzt seien. Bisher lebten weniger als drei Prozent der EU-Bürger in einem anderen Mitgliedstaat. Diese zahlten insgesamt erheblich mehr Steuern als sie Sozialleistungen erhielten.
Zu Kritik etwa an der Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sagte Van Rompuy, die Freizügigkeit in Europa sei ein „Zeichen der Zivilisation“. Hinsichtlich der illegalen Zuwanderung aus außereuropäischen Ländern verteidigte er aber den restriktiven Kurs der EU. Um Katastrophen wie vor Lampedusa zu verhindern, müssten auch die Ursachen in den Herkunfts- und Transitländern bekämpft werden.
Allerdings müssten auch die Proportionen klar gerückt werden: In jedem Jahr gebe es nicht mehr als 300 000 Asylanträge in EU-Ländern, drei Viertel davon in nur fünf Ländern: Deutschland, Frankreich, Schweden, Großbritannien und Belgien. Insgesamt 40 000 Flüchtlingen aus Syrien in der EU stünden zwei Millionen Syrer gegenüber, die in Jordanien, Libanon und der Türkei Zuflucht gesucht hätten.
Van Rompuy forderte eine Vertiefung der europäischen Integration und auch mehr gemeinsame Verantwortung in der Außen- und Sicherheitspolitik. „Das Europa nach der Mauer ist immer noch im Bau“, sagte er. Die EU sei nicht nur ein neutraler Raum, sondern müsse seinen Bürgern auch zur „Heimat“ werden.