VdK will mit Klage die Pflegereform antreiben
Vorstoß soll die Situation von Millionen Betroffenen zügig verbessern.
Berlin. Schon lange beklagen soziale Organisationen die Qualität der Pflege in Deutschland. Nun macht ein juristischer Vorstoß des VdK — mit 1,7 Millionen Mitgliedern nach eigenen Angaben der größte Sozialverband Deutschlands — Druck auf die Politik: Mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht sollen Reformen erzwungen werden. Wie hoch die Chancen sind, ist unklar — denn die Initiative ist juristisches Neuland.
Seit 1995 zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte in die Pflegeversicherung ein. Menschen, die im Alltag Pflege bedürfen, werden in Stufen von eins bis drei eingeteilt. Geld fließt für professionelle Kräfte oder als Anerkennung für pflegende Angehörige. Seit 2013 können auch Demenzkranke Pflegegeld oder Sachleistungen bekommen. Man spricht von Pflegestufe null.
Der VdK sieht „grundrechtswidrige Zustände“ im deutschen Pflegesystem. Zehn Musterklagen sollen ein breites Spektrum der Missstände abdecken. Konkret geht es darum, die nach Ansicht des Verbands menschenunwürdige Behandlung der Betroffenen abzuschaffen. So würden beispielsweise demente Menschen immer häufiger mit Medikamenten ruhiggestellt, um sie trotz des Mangels an Fachkräften besser beaufsichtigen zu können.
Nein. Laut einer Sprecherin ist die Klageschrift momentan weder verfasst noch sind die benötigten Musterkläger („Beschwerdeführer“) gefunden. Der VdK plant, Karlsruhe im Sommer anzurufen.
Es geht vor allem darum, den Druck auf die Politik zu erhöhen und Veränderungen bei der Pflegeversicherung zu erzwingen. Die Reformpläne der Bundesregierung kommen dem Verband nicht schnell genug voran, er hält sie auch nicht für umfassend genug. „Das Ideale wäre, wir bringen das Ding auf den Weg und die Politik kommt uns (mit einem neuen Gesetz) zuvor“, sagte Sprecherin Bettina Schubarth.
Weil vor dem Bundesverfassungsgericht üblicherweise gegen ein bestehendes Gesetz geklagt wird. In diesem Fall aber soll ein grundrechtsschützendes Gesetz eingeklagt werden.
Der VdK bezeichnet seinen Vorstoß selbst als Neuland. Er hat sich zwar mit Verfassungsrechtlern beraten und ist der Meinung, dass es sich lohnt, mit der Klage nach Karlsruhe zu ziehen. Wie hoch die rechtlichen Erfolgsaussichten wirklich sind, ist aber unklar. Der Paritätische Gesamtverband, in dem auch der VdK organisiert ist, zeigte sich skeptisch.