Verbot von alten Nachtspeicheröfen wird gekippt
Berlin (dpa) - Lobbygeschenk oder neue Speicheroption für Ökostrom? Der Bundestag hat mit den Stimmen von Union und FDP das ab 2020 geplante Verbot von Nachtstromheizungen wieder gekippt. Umweltschützer sind entsetzt.
Die rund 1,5 Millionen Nachtspeicherheizungen in Deutschland können damit auch über das Jahr 2019 hinaus betrieben werden. Die einst massenhaft installierten Nachtspeicheröfen waren lange als teure Stromfresser verpönt. Nun werden die Geräte wegen der je nach Wetter schwankenden Wind- und Solarstromproduktion als flexible Speicher entdeckt, die überschüssigen Strom aufnehmen.
Die große Koalition hatte vor vier Jahren aus Energiespar- und Klimaschutzgründen verfügt, dass alle vor 1990 installierten Nachtspeicher nur noch bis 2019 erlaubt sind und nach 1990 angeschlossene Geräte maximal 30 Jahre laufen dürfen.
Unter anderem der Energiekonzern RWE hat sich stark gemacht für eine Umrüstung der Nachspeicheröfen zu intelligenten, flexiblen Speichern - in Zeiten der Energiewende gibt es oft ein Überangebot. Aber gerade in Nordrhein-Westfalen ist dies oft weniger Wind- oder Solarstrom, sondern Kohlestrom, den besonders RWE produziert.
Deutschland steuert auf einen Rekordüberschuss an Strom in diesem Jahr zu - auch weil Braun- und Steinkohlekraftwerke nicht flexibel genug auf das schwankende Ökostromangebot reagieren können. Umweltschützer sprechen daher von einem Lobbygeschenk, da die Aufhebung des Verbots das Energiesparen behindere statt fördere.
Der derzeitige Bestand an Nachspeicherheizungen in Deutschland sei verantwortlich „für eine gewaltige Stromverschwendung von 10 bis 15 Terawattstunden (TWh), das entspricht rund zwei bis drei Prozent des nationalen Strombedarfs“, argumentiert die Deutsche Umwelthilfe. Die Nachtspeicherheizungen bräuchten vor allem im Winter Strom, wenn oft kaum Wind wehe und die Sonne nicht scheine.
Ulf Sieberg vom Naturschutzbund (Nabu) sagte, selbst neue Nachtspeicherheizungen seien ineffizient und unflexibel. Bei Windflauten bei zugleich hohem Stromverbrauch würden Stromheizungen das Netz zusätzlich belasten, sagte Sieberg mit Blick auf Engpässe in Frankreich im Winter, wo viel mit Strom geheizt wird.
Die Unions-Politiker Joachim Pfeiffer und Thomas Bareiß betonten hingegen: „Stromspeicherheizungen können eine tragende Rolle übernehmen, um überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energiequellen einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Dies ist bisher aufgrund der geringen Speicherkapazitäten in Deutschland kaum möglich.“
In den 70er Jahren konnte überschüssiger Strom aus Tag und Nacht durchlaufenden Atomkraftwerken von den Öfen nachts in Wärme umgewandelt und so weiter genutzt werden. Im Vergleich zu anderen Heizungsarten gilt dies als besonders ineffizient - und heute als enorm teuer. RWE hatte vorgeschlagen, solche Stromheizungen mit moderner Regeltechnik auszustatten, damit sie überschüssigen, billigen Strom aus Windparks aufnehmen. Auch beim Karlsruher Energieversorger EnBW läuft ein solches Ökostrom-Speicherprojekt.