Verteidigungsministerium AKK muss sich bei Truppe bewähren - Was steckt hinter dem Schachzug?

Berlin · CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hat mit einem Wechsel in die Bundesregierung lange gezögert. Zeitweise hat sie einen Kabinettsposten unter Angela Merkel sogar ausgeschlossen. Am Dienstagabend ging dann alles überraschend schnell.

Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Vorsitzende, übernimmt das Verteidigungsministerium.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Beim Blick auf ihre Vorgänger an der Spitze des Verteidigungsministeriums könnte Annegret Kramp-Karrenbauer ein mulmiges Gefühl überkommen. Ein Sprungbrett ins Kanzleramt ist das Verteidigungsministerium nicht gerade. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen (beide CDU), sie alle galten als mögliche Nachfolger von Angela Merkel und wurden es dann doch nicht. Und nur von der Leyen, die am Dienstag als EU-Kommissionspräsidentin gewählt wurde, hat es danach bis in ein höchstes Amt geschafft. Öfter aber wurden in der Vergangenheit die Weichen in Richtung Karriereende gestellt.

Das Verteidigungsministerium, ein Minenfeld

Das Verteidigungsministerium kann sich zu einem Minenfeld entwickeln und ist schnell für einen Skandal gut. Das bringt die enorme Zahl von 250 000 Soldaten und Zivilbeschäftigten mit sich, dazu gefährliche Auslandseinsätze und eine von Lobbyisten flankierte Rüstungsindustrie. Und dass die Truppe es nicht schätzen wird, sollte sie nach Skandalen und Skandälchen der vergangenen Monate als Bühne für politische Ambitionen antreten müssen, scheint absehbar. Aus der FDP kam schon die Warnung, die „gebeutelte Bundeswehr nicht für Personalspielchen“ zu benutzen.

Wieder sticht AKK Jens Spahn aus

Aber: Wer die Aufgabe meistert, kann auch zu Höherem berufen sein. Für Kramp-Karrenbauer ist das Amt eine Chance, sicherheitspolitisch Profil zu gewinnen. Sie geht allerdings ins Risiko, ohne dass sofort klar war, wie genau es zu der Entscheidung kam. Denn bis zuletzt galt Gesundheitsminister Jens Spahn als Favorit auf die Nachfolge von der Leyens. Wie schon beim Rennen um den CDU-Vorsitz rückt aber die Merkel-Vertraute Kramp-Karrenbauer auf.

Bis zuletzt macht die AKK genannte CDU-Cheifn daraus aber ein Geheimnis. In den ARD-„Tagesthemen“ wurde am späten Abend ein zuvor geführtes Interview mit der Politikerin ausgestrahlt, in dem sie noch auf Distanz zu „Spekulationen“ über die Besetzung des Postens geht. „Ich kommentiere keine Meldungen, die irgendwo entstanden sind und durch die Welt geistern. Ich treffe Entscheidungen zusammen mit der Regierungschefin, zusammen mit der Regierungspartei“, sagt Kramp-Karrenbauer. Das wirkt schräg angesichts der Tatsache, dass bei der Ausstrahlung lange bekannt ist, dass sie selbst Ministerin wird.

Große Aufgaben für die neue Ministerin

Aber wie steht es eigentlich um das Verteidigungsressort? Mit der Kostenexplosion der „Gorch Fock“ und der „Berateraffäre“ hat das Ministerium zuletzt Schlagzeilen gemacht. Aufreger in Berlin, aber sicherheitspolitisch eher „peanuts“. Die Herausforderungen für den neuen Minister sind nach Einschätzung von Militärexperten drei Punkte: Die Modernisierung und Instandhaltung von Waffensystemen und Material mit der Neuordnung des lähmenden Beschaffungswesens. Die Personalgewinnung angesichts zunehmender Konkurrenz um Fachkräfte. Zudem die Digitalisierung der Armee. Dazu gehören die Vernetzung von Waffensystemen, die Cyberarmee sowie der technisch und moralisch herausfordernde Einsatz von Systemen Künstlicher Intelligenz.

Und natürlich das leidige Thema Geld. Deutschland hat sich wie die anderen Nato-Verbündeten verpflichtet, dass die Verteidigungsausgaben sich bis 2024 in Richtung 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bewegen sollen. Für 2020 sind nun allerdings nur 1,37 Prozent der Wirtschaftsleistung anvisiert, laut Finanzplan soll die Quote bis 2023 sogar auf 1,25 Prozent sinken. Die Spreizung birgt Konfliktstoff insbesondere im Verhältnis zu den USA. Eigentlich hatte die Bundesregierung für 2024 ein Ziel von 1,5 Prozent für Verteidigung ausgegeben.

Was steckt hinter dem Schachzug?

Wie war zuletzt das Verhältnis zwischen Merkel und AKK? Die Saarländerin war die Wunschnachfolgerin Merkels im Amt der CDU-Vorsitzenden. Mit dem wenn auch knappen Sieg Kramp-Karrenbauers gegen ihren wichtigsten Herausforderer Friedrich Merz auf dem CDU-Parteitag in Hamburg Ende vergangenen Jahres hat Merkel es schon geschafft, einen Teil ihres Erbes an ihre Wunschkandidatin weiterzugeben. Das ist bislang so noch keinem CDU-Vorsitzenden gelungen.

Doch einige Patzer von AKK in ihrem neuen Amt - beispielsweise der auch intern heftig kritisierte Umgang mit dem CDU-kritischen Video des Youtubers Rezo oder die starke Absetzbewegung AKKs von der Migrationspolitik der Kanzlerin dürften Merkel nicht unbedingt gefallen haben. Gut möglich, dass Kramp-Karrenbauer zunächst auch unterschätzt hatte, welche Unterschiede es zwischen der erfolgreichen Arbeit als Ministerpräsidentin im Saarland und dem Haifischbecken der Berliner Bundespolitik gibt. Doch AKK, so heißt es in der engsten CDU-Spitze, gilt als durchaus selbstkritisch und durchaus bereit, aus Fehlern zu lernen.

Trotz des Stirnrunzelns, dass es in den vergangenen Monaten wohl auch bei Merkel über das Agieren von AKK gegeben hat: In der CDU heißt es, Kramp-Karrenbauer sei weiterhin auch die Wunschnachfolgerin Merkels im Kanzleramt. Das gilt wohl auch angesichts der Alternativen: Von Merz ist bekannt, dass er sich gut vorstellen könnte, bei der nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidat anzutreten, falls AKK bis dahin auch intern weiter an Ansehen verliert.

Was steckt hinter dem Schachzug? Genau weiß das niemand - und es dürfte wohl auch das Geheimnis der beiden starken Frauen der CDU bleiben. Zwar dürfte Merkel CDU-intern schon seit längerem klar gemacht haben, dass Kramp-Karrenbauer an den Kabinettstisch wechseln könne, wenn sie dies wolle und sich eine Gelegenheit böte. Doch auf der anderen Seite: Der Kanzlerin und gerade auch AKK wird klar sein, wieviel Kraft es noch brauchen wird, um die CDU beispielsweise beim Klimathema inhaltlich und personell wirklich konkurrenzfähig aufzustellen. Da hätte AKK eigentlich genug zu tun gehabt. Und jetzt auch noch das Verteidigungsministerium, das grundsätzlich für jeden Amtsinhaber als Schleudersitz gilt. Dafür dürfte Kramp-Karrenbauer nun wesentlich weniger Zeit haben, als ursprünglich geplant.

Nicht nur Freude über Kramp-Karrenbauers Schritt

Von erfahrenen CDU-Leuten war am Abend deswegen nicht nur Begeisterung über den Schritt der Vorsitzenden zu hören. Es bleibe abzuwarten, ob sich Kramp-Karrenbauer mit dem Wechsel tatsächlich einen Gefallen getan habe. Denn immerhin unterwerfe sie sich so der Kabinettsdisziplin der Kanzlerin. Und wer weiß, ob manche Affäre der Bundeswehr, die AKK nun bewältigen muss, nicht auch ihr Ansehen als Parteivorsitzende beschädigt.

(dpa)