Wachsende Skepsis über Klimakonferenz
Durban/Berlin (dpa) - Die Skepsis über den Ausgang des 17. UN-Klimagipfels in Durban wächst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte am Samstag erneut die Erwartungen an die Konferenz, zu der etwa 20 000 Delegierte, Experten und Gäste aus 191 Ländern gekommen sind.
„Wir wissen, dass die Schwellenländer zurzeit nicht bereit sind, bindende Reduktionsverpflichtungen im Bereich der CO2-Emission einzugehen“, sagte Merkel in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft im Internet. Europa werde weiter bindende Verpflichtungen haben, könne aber das Klimaproblem der Welt nicht allein lösen. Deshalb gehe es nun vor allem darum, den Entwicklungsländern finanziell beim Klimaschutz zu helfen.
Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte Merkel scharf und warf ihr vor, sich nicht entschieden genug für eine härtere Gangart Europas bei den Konferenzverhandlungen einzusetzen. Die Kanzlerin müsse sich „gegen die kurzsichtigen Interessen“ der Öl-, Auto- und Kohleindustrie stellen, forderte Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser in Durban. Merkel dürfe sich nicht hinter die Verweigerungshaltung der USA verstecken.
„Es ist falsch, dass Deutschland vor dem Start der eigentlichen Verhandlungen schon die Arena räumen will“, kritisierte auch die WWF-Klimaexpertin Regine Günther. Es helfe niemandem, die möglichen Fortschritte von vornherein niederzureden. „Mit dieser Haltung wird man die festgefahrenen Verhandlungen kaum wieder flott bekommen.“
Auch die meisten anderen Umweltverbände zogen zur Halbzeit der UN-Konferenz eine skeptische Bilanz. „Wesentliche Elemente der internationale Klimapolitik drohen hier zertrümmert zu werden“, warnte Germanwatch-Chef Christoph Bals. Wenn sich das Blatt nicht noch wende, werde es kein Mandat für ein neues, international rechtlich verbindliches Klimaabkommen geben. Zudem könne auch das Ziel, die Erderwärmung bis 2100 auf zwei Grad zu begrenzen, kaum noch erreicht werden. Der europäischen Ratspräsidentschaft (Polen) scheine der Wille zu fehlen, den Klimaschutz entscheidend voranzubringen. Dabei wäre das auch eine Antwort auf die Wirtschaftskrise weltweit.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht keine substanziellen Fortschritte in Durban. Die vorliegenden Vorschläge sähen keine konkreten Zahlen zur Minderung der CO2-Emissionen in den Industriestaaten vor. Deutschland und die EU müssten sich für die Fortführung des Kyoto-Abkommens nach 2012 einsetzen, forderte der Verband.
Die Wirtschaftskrise und halbherzige politische Entscheidungen erschweren nach Ansicht des Karlsruher Klimaforschers Hans Schipper den Fortschritt im Klimaschutz. „Im Mittelpunkt der Debatte steht zurzeit der Satz "Die Wirtschaft darf nicht leiden". Da ist es schwer, die Bevölkerung für den Klimaschutz zu begeistern“, sagte Schipper vom Süddeutschen Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Deshalb hofft er auf ein klares Signal der Europäer in Durban für den Klimaschutz. Schipper warnte aber davor, die Menschen mit Horror-Szenarien von der Notwendigkeit des Klimaschutzes überzeugen zu wollen.
Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, kritisierte den Verhandlungsstil der Europäer auf Klimakonferenzen. Länder wie China würden die Europäer mit ihren „alten Taktiken und Schachzügen“ nicht mehr ernst nehmen, sagte Flasbarth der „Welt“. Für Europäer seien Verhandlungen nur erfolgreich, wenn sie mit einer Unterzeichnung endeten, meinte er. „Die Chinesen denken da ganz anders.“ Aber auch bei den Verhandlungen mit den USA müssten die Europäer weniger auf die moralischen Aspekte als vielmehr auf den wirtschaftlichen Nutzen des Kampfes gegen die Klimaerwärmung setzen. „Moralische Appelle beeindrucken die Amerikaner wenig.“
Einige tausend Menschen protestierten am Samstag am Rande des UN-Klimagipfels friedlich für mehr Klimaschutz und gegen Atomkraft. Die Polizei hatte vorsorglich massive Vorbereitungen gegen mögliche Ausschreitungen getroffen. Schon mehrfach war es auf diesen traditionellen Demonstrationen zur Halbzeit einer UN-Klimakonferenz zu Zwischenfällen gekommen. Zu dem „Global Day of Action“ hatten zahlreiche südafrikanische und internationale Umweltorganisationen sowie kirchliche Gruppen aufgerufen.